Ernst Augustin hat wunderbar versponnene und verwinkelte Geschichten entworfen. Nun ist er mit 92 Jahren gestorben.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Verrückte Räume und Häuser haben es ihm angetan. Wobei verrückt so ein Sache ist. In einem der schönsten Romane Ernst Augustins, „Raumlicht“, führt der Erzähler durch die psychischen Nebenräume und Hinterzimmer einer Schizophrenen, so dass der Leser am Ende nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht, während die Patientin geheilt dem Kellergeschoss des Wahnsinns entkommt.

 

Das fortgesetzte Bemühen, sich wohnlich einzurichten

Der 1927 in Hirschberg im Riesengebirge geborene Ernst Augustin arbeitete als Arzt und Psychiater, vor allem aber als Architekt luftiger Gedankengebäude. Mit einem von ihnen, „Robinsons blauem Haus“, stand der 85-Jährige 2012 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Und so schwierig es ist, anzugeben, wer den Bau dieses Romans genau bewohnt, so unmittelbar einleuchtend ist der Schlüsselsatz: „Der Sinn des Lebens besteht aus nichts anderem als dem fortgesetzten Bemühen, sich wohnlich einzurichten.“

Für die fantastischen Werke, die aus diesem Bemühen entstanden sind, hat der eigenwillige Grenzgänger der Gruppe 47, der zeitweilig in Afghanistan praktizierte, viele Auszeichnungen erhalten, 2009 den Mörike-Preis der Stadt Fellbach. Wenige Tage nach seinem 92. Geburtstag ist Ernst Augustin nun in München gestorben.