Seit Mitte September arbeiten zehn spanische Erzieherinnen an Kinderhäusern in Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt. Sie wurden angeworben, um die Personalnot etwas zu lindern. Wie geht es ihnen hier? Was klappt gut, wo hapert es?

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Das Wetter und das Essen, das hätten Esther Moreno und Mishel Yugcha gerne aus ihrer spanischen Heimat mit auf die Fildern genommen. Beides sei hier, naja, ein bisschen wünschenswert. Ansonsten gefällt es den beiden Spanierinnen gut in Leinfelden-Echterdingen, wo sie an zwei Kinderhäusern arbeiten. Ein Jahr werden die Erzieherinnen mindestens bleiben, vielleicht auch länger oder, wer weiß das schon, für immer.

 

Angeworben hat sie das Bildungswerk für Baden-Württembergische Wirtschaft. Es ist ein Versuch, dem Erziehermangel hierzulande entgegenzutreten. Während andere Städte schon länger über dieses Programm Erzieherinnen und Erzieher aus anderen Ländern anwerben, „ist es für uns ein Pilotprojekt“, sagt Regine Schierle-Wenger vom Amt für Schulen, Jugend und Vereine in Leinfelden-Echterdingen. In Kooperation mit Filderstadt habe man zehn spanische Erzieherinnen dafür gewinnen können, ein Jahr oder länger an städtischen Kindertageseinrichtungen zu arbeiten.

Eingewöhnung für die Erzieherinnen

Mitte September sind Esther Moreno, Mishel Yugcha und ihre acht spanischen Kolleginnen in Deutschland gelandet. Um bürokratische Dinge wie Krankenkasse, Anmeldung im Bürgeramt und auch um die Wohnungssuche hat sich das Bildungswerk gekümmert. Um das Einlernen im Job kümmern sich die Kinderhäuser.

Was hat die jungen Frauen dazu gebracht, ihren Beruf im Ausland auszuüben? Zum einen sei es in Spanien schwierig, einen Job als Erzieherin zu finden, sagt Esther Moreno. Anders als hier gebe es in ihrer Heimat einen Erzieherüberschuss. „Viele suchen Arbeit“, sagt die 24-Jährige, die aus Barcelona stammt. Außerdem habe sie Lust gehabt, die deutsche Kultur kennenzulernen. Ihre Kollegin Mishel Yugcha sagt, sie sei neugierig darauf gewesen, wie in deutschen Kindergärten gearbeitet werde. Nach den ersten sechs Wochen stellt sie fest: „Es ist sehr anders hier.“ Die Kinder hätten viel mehr Freiheiten, könnten selbst entscheiden, was sie spielen möchten. In Spanien würden die Erzieher viel mehr vorgeben. Da heiße es: Jetzt wird gemalt. Da dort ein Erzieher für 15 Kinder zuständig sei, sei es kaum anders möglich. „Es ist dort wie in einer kleinen Schule“, bestätigt Esther Moreno. Schon mit drei oder vier Jahren lernten die Kinder lesen und schreiben. „Die Methode hier finde ich besser. Es ist für die Kinder schöner.“

Die Sprache ist eine Hürde

Auch wenn beide Frauen ein bisschen Heimweh plagt, fühlen sie sich in ihrer neuen Wahlheimat wohl und unternehmen viel gemeinsam. Die größte Hürde sei die Sprache, sagen beide, vor allem der schwäbische Dialekt. Im April haben die Spanierinnen mit dem Deutschlernen begonnen, davor konnten sie noch kein Wort. Hier vor Ort läuft der Deutschkurs weiter, den sie während ihrer Arbeitszeit absolvieren dürfen. „Wir möchten nicht, dass sie abends noch lernen müssen“, sagt Schierle-Wenger. Das Ziel ist es, dass am Ende des einen Jahres das Niveau B 2 bestanden wird. Mit den Kindern sei das Kommunizieren aber auch jetzt schon kein Hindernis, sagt Esther Moreno. „Die Kinder sind sehr nett und korrigieren mich. Wenn ich Loffel sage, sagen sie, das heißt aber Löffel.“

Die Spanierinnen hätten ein gutes Gespür für nonverbale Kommunikation mit den Kindern, ergänzt Schierle-Wenger, „etwas, das uns oft verloren geht“. Schwieriger sei die Sprachbarriere auf der Fachebene, also bei Gesprächen mit Eltern oder Kollegen. „Dadurch können sie manche Teile der Arbeit nicht machen. Das heißt Inklusion“, betont Schierle-Wenger. Es gehe darum, sie zu begleiten, damit sie Schritt für Schritt mehr übernehmen können. Für die Kollegen, die dadurch Dinge wie Elterngespräche übernehmen müssen, sei das zwar einerseits eine Mehrbelastung, gleichzeitig aber auch eine Entlastung, „weil sie da sind“. Sie sei überzeugt, dass der Aufenthalt der spanischen Erzieherinnen für alle ein Gewinn sei.

Auch Eltern schätzten das neue Personal, das die Chance auf verlässlichere Betreuungszeiten erhöhe, sagt Schierle-Wenger. Seit Corona müssten sie verkürzte Öffnungszeiten in Kauf nehmen. „Die Not der Eltern ist so groß, die sind einfach froh.“