Am Samstag findet das Finale des Eurovision Song Contest in Turin statt. Bei den Buchmachern gilt die ukrainische Band Kalush Orchestra als Favorit auf den Sieg. Aber wie funktioniert die Punktevergabe eigentlich?

Digital Desk: Robert Korell (rko)

Die deutsche Jury für den ESC 2022 besteht aus Jessica Schöne, Michelle, Max Giesinger, Christian Brost und Tokunbo. Für einen Tag war auch die Sängerin Felicia Lu als Richterin geplant. Weil sie jedoch bereits zuvor ihren Favoriten öffentlich verkündet hatte und damit gegen die Regeln des Wettbewerbs verstieß, wurde sie durch die KiKA-Fernsehmoderatorin Jessica Schöne ersetzt. Doch wie sehr kann diese Jury tatsächlich Einfluss auf die Punkte und Platzierung der Teilnehmenden nehmen?

 

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Das System zur Punktevergabe hat sich seit Gründung des Wettbewerbs mehrmals geändert und ist komplex: Neben den von der Jury vergebenen Punkten fließt auch ein Publikumsvoting mit ein. Aktuell gilt das sogenannte „Douze-Points“-System – also Zwölf-Punkte-System. Dieses wurde 1975 eingeführt und galt ursprünglich ausschließlich für die Juroren.

Wer darf für wen stimmen?

In diesem System dürfen die Punktwerte von eins bis acht, zehn und zwölf von jedem Land an jeweils einen Künstler vergeben werden. Somit vergibt jede Jury an zehn der 25 Finalteilnehmer mindestens einen Punkt. Dabei sind auch die Länder stimmberechtigt, die im Halbfinale aus dem Wettbewerb ausschieden. Weder Juroren noch Zuschauer dürfen jedoch für den Nominierten aus der eigenen Nation stimmen.

Die zweite Hälfte der Gesamtpunktzahl wird durch eine Abstimmung unter den Zuschauern bestimmt. Hierbei werden die Punktzahlen den Auftritten zugeordnet, für die die meisten Anrufe eingingen. Auch das Publikum stimmt damit pro Land für zehn Künstler. Damit kann ein Land einen Künstler insgesamt mit maximal 24 Punkten bewerten. Bei kleinen Ländern wie San Marino, die aufgrund zu geringer Anruferzahlen kein eigenes Televoting zustande bekommen, oder bei technischen Einschränkungen wird die Telefonwertung anhand der Abstimmungen vergleichbarer Länder statistisch errechnet.

Was passiert bei gleicher Punktzahl?

1969 landeten gleich vier Länder mit gleicher Punktzahl auf dem ersten Platz. Da dies künftig nicht mehr passieren sollte, auch weil der Veranstalter in solchen Fällen vor organisatorische Probleme gestellt wird, wurde mit Änderungen der Regelwerke experimentiert. Das Ergebnis war 1975 die Einführung des heutigen Punktsystems.

Zudem wurden nach und nach weitere Regelungen erarbeitet, die greifen sollen, falls es dennoch zum Gleichstand kommt und dann, wenn die Punktevergabe wegen Stimmgleichheit nicht eindeutig ist. In diesem Fall wird zunächst das Zuschauervoting separat betrachtet. Wenn auch hier Gleichstand zwischen zwei Auftritten herrscht, wird die höhere Jurywertung bevorzugt. Danach kommt es zu einem Mehrheitsentscheid der Juroren, sollte auch hier Uneinigkeit herrschen, entscheidet das jüngste Jurymitglied im Alleingang, welcher Künstler die bessere Platzierung und damit die höhere Punktzahl von jeweiligen Land erhalten soll.