Der Landkreis Esslingen finanziert seine Millioneninvestitionen erstmals in seiner Geschichte über Bausparverträge. Damit will er sich das derzeit günstige Zinsniveau sichern.

Esslingen - Dreimal 20 Millionen Euro – da reibt sich jeder Bausparberater die Hände. Mit genau diesen 60 Millionen Euro, auf drei Bausparverträge verteilt, will der Landkreis Esslingen seine Millionenprojekte der kommenden Jahren ansparen – erstmals in seiner Geschichte.

 

Unter anderem, um den Neubau der beiden Landratsämter in Plochingen und Esslingen zu finanzieren, hat der zuständige Verwaltungs- und Finanzausschuss des Esslinger Kreistags die Kreisverwaltung jetzt ermächtigt, die entsprechenden Verträge abzuschließen.

Das Bausparen, wenngleich von den alten Chinesen vor rund 2300 Jahren erfunden und von den Engländern im 18. Jahrhundert in die Neuzeit übertragen, gilt als der heilige Gral der schwäbischen Häuslebauer. Nachdem sich auch der Landkreis Esslingen in den kommenden Jahren in großem Stil als Häuslebauer betätigt, greift er bereitwillig diese Jahrtausende alte Idee auf. „Das ist das erste Mal in der Geschichte des Landkreises, dass Investitionen über Bausparverträge angespart werden“, sagt Peter Keck, der Sprecher der Esslinger Kreisverwaltung. Er selbst könne sich allerdings auch noch dunkel daran erinnern, dass das Thema einmal im Rahmen seiner Ausbildung an der Verwaltungsschule thematisiert worden war – in der Theorie und vor mehr als 40 Jahren.

Allein 170 Millionen Euro kosten die Landratsämter

Unterm Strich geht der Landkreis im Zeitraum bis zum Jahr 2025 von einem Nettoinvestitionsvolumen in Höhe von rund 270 Millionen Euro aus. In dem Ausgabenpaket für die kommenden sechs Jahre enthalten sind neben den zusammen rund 170 Millionen Euro, die der Bau der beiden neuen Landratsämter mindestens kosten wird, auch Ausgaben für den Öffentlichen Nahverkehr (17,5 Millionen Euro), für den Unterhalt der Kreisstraßen (19 Millionen Euro), für den Ausbau des Breitbandnetzes (3,5 Millionen Euro) und für Investitionen in Schulen, unter anderem die Nürtinger Bodelschwingh-Schule (13,8 Millionen Euro).

Mit dem Abschluss der Bausparverträge will sich der Landkreis das derzeit günstige Zinsniveau auch in den Folgejahren sichern. Der erste Vertrag, mit einer Einzahlung in Höhe von acht Millionen Euro, soll in diesem Frühjahr gezeichnet werden. Die beiden Folgeverträge werden im kommenden Jahr abgeschlossen und mit den Haushaltsverbesserungen des vergangenen Jahres und den 16 Millionen Euro, die das Land als Ausgleich für die Flüchtlingsunterbringung erstatten, angespart. In den nächsten Wochen wird der Landkreis nun an einem Fixtag mehrere Bausparkassen um Angebote bitten, die Konditionen vergleichen und dann den Auftrag erteilen.

Keine Seltenheit in Baden-Württemberg

Den ersten Aufschlag in der aktuellen Diskussion hatten die Freien Wähler (FW) im Kreistag bei der Haushaltsdebatte gemacht. „Wir sollten darüber nachzudenken, ob es bei dem derzeit günstigen Zinsniveau nicht interessant wäre im Hinblick auf die Finanzierung der Verwaltungsgebäude einen oder mehrere Bausparverträge abzuschließen. Damit könnten wir uns langfristig niedrige Darlehenszinsen sichern“, hatte der FW-Fraktionschef Bernhard Richter angeregt. Auch die Idee, dass die künftigen Jahresüberschüsse als Eigenkapital eingezahlt werden könnten, kommt von den Freien Wählern.

„Der Landkreis liegt damit voll im Trend“, sagt Ulrich Unger, der Pressesprecher der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Bausparverträge in Millionenhöhe seien in Baden-Württemberg und im Raum Stuttgart keine Seltenheit, für den Kreis Esslingen aber bisher eher ungewöhnlich. Neben den großen Wohnbauunternehmen seien es an Einrichtungen der öffentlichen Hand vor allem Kliniken und Wasserversorger, die von der Möglichkeit Gebrauch machen würden. Hauptbeweggründe seien Zinssicherheit, Planbarkeit, Flexibilität und die Möglichkeit, bei hohen Beträgen Strafzinsen zu umgehen.