Markus Scheifele hat mit dem Papst die Mütze getauscht. Doch das ist nicht sein erster Coup. Er besitzt auch eine Mütze von Papst Johannes Paul II. Nach dessen Heiligsprechung ist dieses Kleidungsstück eine echte Reliquie geworden.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Es gibt immer etwas Höheres als einen selbst: Damit auch der Papst das nicht vergisst, trägt er stets eine weiße Mütze, den sogenannten Pileolus. Dieses Käppchen liegt nun auf dem Schreibtisch des Katholischen Pfarramtes St. Albertus in Oberesslingen. Der Pfarrer Markus Scheifele hat es vor wenigen Tagen Papst Franziskus in Rom abgeluchst.

 

„Woher nur alle wissen, welche Hutgröße ich habe?“, hat der Papst lachend gefragt, als Markus Scheifele ihm im Petersdom eine andere weiße Kappe zum Tausch hinhielt, die er sich zuvor in der Päpstlichen Schneiderei besorgt hatte. Der Papst ging auf den guten, wenn auch aus kirchlicher Sicht eher jungen Brauch ein – es gibt ihn erst seit dem 14. Jahrhundert – und schenkte Scheifele das eigene Käppchen.

Es ist bereits sein zweites Papst-Käppchen. Bis Markus Scheifele es bekam, musste er zwei Jahre lang schuften und 1000 Stunden Arbeit für die Wallfahrt von 50 000 Ministranten der deutschen Bistümer leisten, die am 9. August zu Ende gegangen ist. Scheifele arbeitet zu 50 Prozent bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart als Seelsorger für Ministranten. Allein aus seiner eigenen Diözese galt es, 5600 Jugendliche unterzubringen. Hotels gab es für die Ministranten in Rom genug, Kirchen allerdings nicht. Scheifele hatte alle Hände voll zu tun, um ein Gotteshaus zu finden, das groß genug war, um allein all die Ministranten der Rottenburger Diözese mit Gottes Wort zu speisen.

Scheifele ist mit der Ewigen Stadt wohlvertraut und spricht auch italienisch. Der 36-jährige Ulmer studierte einige Semester in Tübingen und ließ sich auch an der Gregoriana, dem Jesuitenkolleg in Rom, ausbilden. Damals traf er hin und wieder mit Papst Johannes Paul II. zusammen. Er erfuhr von der katholischen Sitte, den Pileolus zu tauschen. Er nutzte die Nähe zum Haupt der Katholischen Kirche und jagte zum ersten Mal einem Papst die Kappe ab.

Jene Mütze hat er 13 Jahre lang aufbewahrt wie eine Reliquie. Zur Recht, denn nach der Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. ist es eine echte Reliquie geworden: eine Berührungsreliquie zweiten Ranges, auch Sekundärreliquie genannt, und damit in der Rangordnung der heiligen Überbleibsel immerhin auf Platz zwei, nach den Primärreliquien, die meist aus Körperteilen von Heiligen bestehen. Eine Reliquie soll dem Gläubigen den Weg zu Gott erleichtern. Für Scheifele, der sich lange schon auf den Weg zu Gott gemacht hat, ist jene erste Mütze, die er eintauschte, aber eher eine wichtige Erinnerung an die prägende Studienzeit in Rom.

Die zweite Mütze ist für ihn auch ein Erinnerungsstück, denn Scheifele wird die Wallfahrt mit den 50 000 Ministranten als ebenso prägende Zeit in Erinnerung behalten. Die Gemeinschaft der jungen Männer und Frauen lässt ihn für die Zukunft der Kirche hoffen. Das Motto der Wallfahrt hieß „Frei! Darum ist es erlaubt, Gutes zu tun“. Diese Freiheit des Guten hätten die Wallfahrer genossen, berichtet Scheifele. Die Stadt sei mit Jugendlichen geradezu geflutet gewesen, „überall sah man Fahnen und unsere Wallfahrts-T-Shirts, ich hörte die Jugendlichen auf den Plätzen Roms beten und singen“.

Was bringt ein Mützentausch? „Was bringt es, wenn man nach dem Fußballspiel die Trikots wechselt?“, fragt Scheifele amüsiert zurück. Obwohl er nun zwei päpstliche Mützen sein Eigen nennt, fühlt sich Markus Scheifele noch ein bisschen neben der Kappe. „Zwei Jahre habe ich auf die Wallfahrt hingearbeitet, und jetzt ist die Zeit an mir vorbeigerauscht wie ein ICE. Ich bin noch gar nicht wieder angekommen“, gesteht er.

Doch der Alltag kennt keine Bedenkzeiten. In seiner zweiten Funktion als Esslinger Pfarrer muss er sich jetzt wieder um die Seelsorge kümmern, um Taufen und Hochzeiten. Und man merkt ihm an, das ihm jetzt eine Mütze voll Schlaf mindestens genauso gut täte, wie die Kappe vom Papst. Immerhin denkt er schon an die nächste Wallfahrt, die er vielleicht wieder organisieren wird. Der nächst mögliche Termin dafür wäre im Jahr 2018.

Beide Käppchen sind außen mit weißer Seide bespannt und innen mit Leder gefüttert. Eine Art Hutband läuft um, damit die Kappe nicht verrutscht. Beim Vergleich der Kleidungsstücke fällt auf, dass Franziskus einen deutlich größeren Kopf hat als der Heilige Papst Johannes Paul II.

Aufgesetzt hat Markus Scheifele die beiden Kopfbedeckungen noch nie. Sie sind des Papstes, und es wäre für ihn als Priester eine Anmaßung, sie zu tragen. Denn schließlich gibt immer etwas Höheres als einen selbst.