Ein 62-Jähriger aus Esslingen hat sich nach Ansicht des Gerichts über Jahre hinweg an zwei kleinen Mädchen vergangen. Bei den Opfern handelt es sich um seine zur Tatzeit achtjährige Stieftochter und die damals fünf Jahre alte Tochter eines befreundeten Paares.

Esslingen - Wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern muss ein 62 Jahre alter Mann aus Esslingen für sechs Jahre hinter Gitter. Die 4. Große Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart sah es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte mindestens 16 Mal an der Tochter seiner Lebensgefährtin und späteren Frau sowie an dem Kind eines befreundeten Paares vergangen hat. Zudem habe die Beweisführung in dem unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Prozess ergeben, dass der Mann zumindest drei der Taten mit Fotos oder Videos dokumentiert hat. Damit hat er sich zusätzlich der Herstellung kinderpornografischer Schriften schuldig gemacht.

 

Es kamen mehr Taten auf den Tisch als ursprünglich angeklagt

Während der insgesamt vier Verhandlungstage waren noch mehr Taten auf den Tisch gekommen als ursprünglich angeklagt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte dem Mann zunächst neun Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs und vier Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen. Am Ende wurde der 62-Jährige wegen acht Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs und acht Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt. Nach Überzeugung der Kammer hat der Mann an den beiden Mädchen – die heute 16 Jahre alte Tochter seiner Lebensgefährtin und die inzwischen achtjährige Tochter eines befreundeten Paares – nahezu alle erdenklichen Sexualpraktiken ausgeübt oder die Kinder dazu gezwungen, diese an ihm zu vollziehen.

Die Taten an der Tochter seiner Lebensgefährtin – im Jahr 2013 heiratete das Paar, lebt inzwischen aber in Scheidung – soll er in den Jahren von 2010 bis 2014 begangen haben. In der gemeinsamen Wohnung in Esslingen – im Schlaf-, Kinder- und Badezimmer – sowie in einem Urlaub in Kanada soll der Mann das Kind vaginal, oral und anal missbraucht haben. Das Martyrium des Mädchens begann demnach, als es acht Jahre alt war. Die Tochter des befreundeten Paares ist bei dem ersten Missbrauchsfall erst fünf Jahre alt gewesen. An ihr hat er sich laut der Jugendkammer in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach in seiner Wohnung oder im Auto vergangen.

Der Angeklagte versucht, seine Schuld herunterzuspielen

Der nicht vorbestrafte Mann, der seit vergangenen November in Untersuchungshaft saß, legte in der Verhandlung lediglich ein Teilgeständnis ab und versuchte, seine Taten herunterzuspielen. Drei der Verbrechen waren ihm indes leicht nachzuweisen, denn er hatte sich und seine Opfer dabei fotografiert oder gefilmt. Einen Übergriff dokumentierte er durch eine Fotoserie mit 52 Aufnahmen.

Zum Prozessauftakt hatte die Vorsitzende Richterin Cornelie Eßlinger-Graf dem Angeklagten ans Herz gelegt, ein Geständnis abzulegen, um den Opfern die „extreme Belastung“ durch eine Aussage vor Gericht zu ersparen. Weil er die Taten aber nicht vollumfänglich einräumte, musste dennoch eines der Opfer in den Zeugenstand.

Die Kammer blieb mit ihrer Verurteilung zu sechs Jahren Freiheitsstrafe unter der Forderung der Staatsanwältin. Sie plädierte für eine Gefängnisstrafe von acht Jahren – ein Strafmaß, dem sich auch die Nebenklagevertreterin anschloss. Sie vertrat die Eltern der beiden missbrauchten Kinder. Die Mütter und Väter waren beim Prozessauftakt im Saal anwesend gewesen, aber nur ein Vater nahm neben der Nebenklageanwältin Platz. Der Vater des anderen Opfers und die beiden Mütter setzten sich hingegen in die letzte Reihe des Zuhörerbereichs und demonstrierten so eine möglichst große räumliche Distanz zu dem Mann auf der Anklagebank, der ihren Kindern so Schreckliches angetan hat.