Ein 31-Jähriger steht im Verdacht, beim Hantieren mit Chemikalien mehrere Verpuffungen in einem Haus in Esslingen-Zell verursacht zu haben. Bei dem Feuer haben er und sein 63 Jahre alter Vater schwere Verbrennungen erlitten.

Esslingen - Beim Brand eines Hauses im Esslinger Stadtteil Zell sind am frühen Dienstagmorgen drei Menschen verletzt worden, zwei davon schwer. Wie die Polizei mitteilt, steht ein 31-Jähriger im Verdacht, mit Chemikalien und Feuerwerkskörpern hantiert und so eine Verpuffung ausgelöst zu haben. Durch diese erlitten er und sein 63-jähriger Vater schwere Verbrennungen. Die 60 Jahre alte Mutter wurde leicht verletzt. Die drei Bewohner der Villa in der Hauptstraße 63 konnten sich aber aus eigener Kraft ins Freie retten. Das Haus wurde nahezu komplett zerstört. Der Sachschaden wird von der Polizei auf mehrere hunderttausend Euro geschätzt. In dem Haus fanden Spezialisten des Landeskriminalamts (LKA), sogenannte Delaborierer, große Mengen an Chemikalien, Gaskartuschen, Feuerwerkskörper und eine russische Übungshandgranate.

 

Jannis Wilgen wohnt nur rund 100 Meter von der Villa entfernt. Kurz nach 4 Uhr habe ihn „eine große Detonation“, gefolgt von zwei oder drei kleineren Explosionen, aus dem Schlaf gerissen. Auch eine Druckwelle habe er gespürt und durch sein Balkonfenster einen „riesigen Feuerball“ gesehen. „Zunächst dachte ich, ein Güterwaggon auf den Gleisen sei in die Luft gegangen“, berichtet er. Doch dann habe er gesehen, dass die Villa in Flammen stehe.

Gefährlicher Einsatz für die Feuerwehr

Was Jannis Wilgen zu diesem Zeitpunkt nicht wissen konnte: in dem Haus befanden sich äußerst gefährliche, hoch explosive Substanzen und Stoffe. Auch die ersten Feuerwehrmänner, die mit den Löscharbeiten begannen, waren zunächst ahnungslos. Nach einer weiteren Verpuffung „haben wir den Löschtrupp aus dem Inneren des Hauses abgezogen, um die Männer nicht zu gefährden“, berichtet Oliver Knörzer, der Chef der Esslinger Feuerwehr.

„Da haben wir Glück gehabt“, sagt der Experte, der einen solchen Einsatz „noch nicht erlebt“ hat. Einer seiner Kollegen flüchtet sich angesichts des für die Feuerwehrleute glimpflich verlaufenen Einsatzes in Sarkasmus: „No risk, no fun“ – ohne Risiko kein Spaß. Der Brand hielt die Löschtrupps bis weit in den Dienstagvormittag hinein auf Trab. Noch um 7.30 Uhr hat es der Polizei zufolge eine weitere Verpuffung gegeben. Daraufhin sei das Feuer erneut ausgebrochen.

Die 60 Jahre alte Mutter des lebensgefährlich verletzten 31-Jährigen habe die Einsatzkräfte davor gewarnt, dass sich gefährliche Stoffe in dem Haus befänden, erklärte ein Sprecher der Polizei. Diese hat offenbar ihr Sohn gehortet, der dem Vernehmen nach früher Chemie studiert und immer wieder mit Chemikalien experimentiert hat. Er soll sich in der Vergangenheit freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben haben, heißt es. Der Polizei war er bisher nur durch kleinere Delikte wie das Vortäuschen einer Straftat und die Störung des öffentlichen Friedens bekannt.

31-Jähriger steht unter Tatverdacht

Die Ermittler gehen davon aus, dass der 31-Jährige die Verpuffung verursacht hat. Vieles spreche dafür, dass er den Brand beim Experimentieren mit Chemikalien entfacht hat. Denn er habe sich in der Küche befunden, als dort das Feuer ausbrach. Daraufhin sei der Vater hinzugekommen, um die Flammen zu löschen. Die beiden Männer könnten wegen ihrer schweren Verletzungen zur Aufklärung des Sachverhalts noch nichts beitragen, sie seien noch nicht vernehmungsfähig.

Vor einiger Zeit sei das markante alte Haus in der Hauptstraße schon einmal von Delaborierern des LKA durchsucht worden, so der Polizeisprecher. Doch die dabei gefundenen Chemikalien seien legal gewesen. Die genauen Umstände, wie es jetzt zu den Explosionen und dem daraus resultierenden Brand gekommen ist, muss noch untersucht werden. Ebenso werde ermittelt, welche der gefährlichen Stoffe in dem Haus illegal gelagert und wie sie beschafft wurden. Um sie zu entsorgen, wurde eine Spezialfirma eingesetzt.

Die Hauptstraße und die parallel dazu verlaufende Wilhelmstraße mussten wegen der Lösch-, Aufräum- und Ermittlungsarbeiten längere Zeit gesperrt werden. Außerdem wurde ein benachbartes Gebäude sicherheitshalber evakuiert. Die Feuerwehren aus Esslingen und der Umgebung waren mit zahlreichen Einsatzkräften zu dem Großeinsatz ausgerückt. Darunter war auch ein sogenannter Messzug aus Ostfildern, der eventuelle Belastungen durch Gase oder chemische Verunreinigungen aufspürt.