Der 31-jährige Alexander Yüksel schneidert teure Abendroben, die sogar auf der Croisette in Cannes zu haben sind. Unter anderem hat das US-Pop-Sternchen Miley Cyrus ein Abendkleid bei ihm bestellt.

Esslingen - Als er die E-Mail des Pop-Sternchens Miley Cyrus in seinem Postfach sieht, glaubt der Modedesigner Alexander Yüksel an einen schlechten Scherz. Es ist ihm fast ein wenig peinlich, doch er fragt mehrmals nach, ob sie es wirklich ist. In der Regel melden Berühmtheiten sich nicht selbst, sondern schicken jemanden aus ihrem Heer an Assistenten vor. Doch es stimmt, Miley Cyrus möchte ein Abendkleid von ihm auf den Leib geschneidert haben, rosa soll es sein. Nicht schlecht, für einen Jungdesigner aus Esslingen.

 

Ein Hinterhof in der Obertorstraße 1. Der Arbeitsplatz von Modedesigner Alexander Yüksel liegt versteckt und ist von außen unauffällig. Drinnen fühlt man sich ein wenig wie in einem Atelier in einem Pariser Hinterhof. Über einen taubengrau lackierten Holzboden führt Yüksel durch das Vorzimmer weiter in sein Reich. Zur Linken hängen Kleider und Stoffe bis unter die Decke. Die barocken Sessel sind mit Rüschenkissen drapiert, historische Modebilder in alten Messingrahmen zieren die Wände. Yüksels eigene Modezeichnungen verspielter Abendgarderobe reihen sich nahtlos ein. Eigentlich ist sein Arbeitsplatz ihm längst zu klein geworden.

Yüksel ist viel unterwegs und knüpft Kontakte

Alexander Yüksel, 31 Jahre alt, trägt die Jeans locker, das weiße Unterhemd eng. Seine Lederarmbänder sind auf die braunen Römersandalen abgestimmt. Die blonden Haare versteckt er unter einer schwarzen Baseball-Kappe. Mit der auffälligen goldenen Applikation wirkt sie eher mondän, weniger sportlich.

Doch wie schafft man es als Jungdesigner aus der – pardon – Provinz, der sein Handwerk an der Kerschensteinerschule in Stuttgart gelernt hat, Stars wie Nicole Richie, Miley Cyrus oder der Unternehmerin Gisela Muth, ein Abendkleid zu verkaufen? „Sowas kannst du nicht beeinflussen, so etwas passiert einfach“, sagt er. „Eine von Cyrus’ Freundinnen hatte mein Label irgendwo gesehen und es ihr vorgeschlagen.“ Das klingt einfach, in Wahrheit steckt aber harte Arbeit dahinter. Yüksel ist viel unterwegs, knüpft Kontakte, die ihm neue Käufer oder die Einladung zur nächsten Party einbringen. Immer lächeln, freundlicher Smalltalk, Küsschen hier, Küsschen da. „Du musst mutig sein, nicht nur bei der Mode, sondern auch darin, wie du dich verkaufst“, sagt er und klingt dabei sehr abgeklärt. Es seien seltener die Stars, als vielmehr ihre Stylisten und Assistenten, die er kennenlerne.

Barbiepuppen als Testmodels

Bereits seine Abschlussarbeit brachte ihm den ersten kleinen Durchbruch. Auf der Fashion Week in Zagreb wurde seine Kollektion 2008 gekürt und anschließend ein Jahr lang auf dem Privatsender Fashion TV gezeigt. Yüksel wirtschaftet verantwortungsvoll, finanziert alles selbst vor. Das macht erfinderisch. Die Probestücke schneidert er Barbiepuppen auf den Leib, das spart viel Geld. In Reih und Glied stehen die kleinen Modepuppen im Regal.

Gerade war er zwei Wochen an der Côte d’Azur, in Cannes. Er schwärmt von Menschen, die Boulevards in Abendroben entlang flanieren. „Klar, das lag an den Filmfestspielen, aber hier haben Frauen zumindest die Gelegenheiten, Haute Couture zu tragen“, sagt er begeistert wie einer, bei dem die Eindrücke noch nachwirken.

Roben im Wert eines Kleinwagens

Yüksel war nicht zum Vergnügen da. Jede Party, jedes Meeting oder Essen diente nur einem Zweck: Seine Mode soll bei den exklusivsten Adressen erhältlich sein. Schließlich gibt es nur dort Kundinnen, die Geld für eine Robe im Wert eines Kleinwagens investieren können. Selbst für Menschen mit einem kleineren Geldbeutel: das Minimum liegt bei 650 Euro für ein Kleid.

Seit ihm eine Freundin auf einer Party in Cannes den Chefeinkäufer diverser Boutiquen vorgestellt hat, hängen seine Roben in Läden an der Croisette, Cannes’ teuerster Einkaufsstraße. Sie reihen sich nun ein zwischen Teilen von Roberto Cavalli oder Vivien Westwood. „Deutsche Läden waren vorher nicht an meinen Sachen interessiert. Aber nachdem viele sahen, wo ich jetzt verkaufe, fragten sie an“, sagt er.

Der Jungdesigner fühlt sich in Esslingen wohl

Bei aller Euphorie wirkt er nicht abgehoben, fühlt sich wohl in Esslingen in der Nähe seiner Familie. Davon zeugt auch sein Labelname, Nunu-Comp. Nunu, wie ihn seine Tante liebevoll nannte.

Was seine Zukunftspläne angeht, hält sich Yüksel bedeckt. So müsse er sich später nicht rechtfertigen, wenn es nicht geklappt habe. Nur soviel: „Für mich gleicht alles einem Hürdenlauf. Habe ich eine geschafft, kommt schon die nächste.“ Wichtig sei es, sich von vorn herein Prinzipien zu setzen „und ihnen und sich selbst treu zu bleiben.“