Wegen der anhaltenden Hitze leidet die Rebsorte in diesem Jahr flächendeckend unter extremem Sonnenbrand. Das macht sich besonders in den Lagen der Mauerweinberge über Esslingen bemerkbar, aber auch in Besigheim und in Fellbach.

Esslingen - Würde man die Trollingertraube mit menschlichen Hauttypen vergleichen, dann wäre sie eindeutig dem hellen, sehr empfindlichen Typ I zuzuordnen. Das heißt: äußerst anfällig für Sonnenbrand. Tatsächlich leide diese typisch württembergische Rebsorte grundsätzlich unter der zunehmend intensiven Einstrahlung, beklagt der Esslinger Wengerter Hans Kusterer. „Aber so extrem wie in diesem Jahr, habe ich es noch nie erlebt“, sagt er und zeigt auf Trauben an den Rebstöcken, deren Beeren von der Sonne komplett ausgedörrt sind oder zumindest saft- und kraftlos daherkommen. Das Problem des unter Sonnenbrand leidenden Trollingers ist in den Anbaugebieten der Region flächendeckend verbreitet.

 

Ein Drittel des Trollingers ist kaputt

Im württembergischen Weinbau bahnt sich ein guter Jahrgang an. Die Trauben hätten sich gut entwickelt, sagt Hans Kusterer und meint damit Sorten wie etwa Lemberger, Zweigelt, Merlot, Riesling oder Chardonnay. Den Trollinger nimmt er aus dieser Aufzählung bewusst heraus, denn um den sei es alles andere als gut bestellt. Diesen baue er inzwischen zwar nur auf rund sieben Prozent seiner Rebflächen an – in den 1980er-Jahren seien es noch 45 Prozent gewesen. Aber schon jetzt sei klar, dass etwa ein Drittel dieser Sorte schon kaputt ist, noch ehe die Lese begonnen hat. Die Trauben seien vom Sonnenbrand stark in Mitleidenschaft gezogen worden – selbst jene Rebstöcke, die er nicht entblättert habe und deren Früchte deshalb durch die Weinblätter besser geschützt seien. Zur Erklärung: Die Wengerter entfernen das Laub auf einer Seite der Rebstöcke, auf dass Luft an die Trauben kommt, diese schneller abtrocknen und so keine Fäulnis entsteht.

Doch dem Trollinger habe selbst die natürliche Beschattung nichts genützt. Für Kusterer steht fest: Der Feuchtigkeit und gleichmäßige Temperaturen liebende Trollinger „macht die wahnsinnige Hitze nicht mit“. Verschärfend wirke sich das in den Lagen der Mauerweinberge über Esslingen aus, wo sich die Wärme zusätzlich staue. Früher seien die Terrassen für den Trollinger-Anbau ein Vorteil gewesen, „heute sind sie ein Nachteil“, sagt Kusterer. Die extreme Trockenheit führe zudem dazu, dass der Säuregehalt des Trollingers stark absinke. Dadurch fehle ihm „das Gerüst und er schmeckt wie eingeschlafene Füße“.

Auch im Fellbacher Weingut Aldinger (Rems-Murr-Kreis) ist in diesem Jahr der Trollinger das ausschließliche Sorgenkind in der Traubenfamilie. „Dünnhäutig“, sei diese Beere, sagt Hansjörg Aldinger und meint das noch nicht einmal im übertragenen Sinn. Wegen der empfindlichen Schale sei sie nur schlecht vor Hitze geschützt – übertrieben ausgedrückt koche sie im Inneren. Wenn dann die Spaltöffnungen der Außenhaut nach zunehmender Reifezeit geschlossen seien, könne die Frucht das nicht mehr ausgleichen und vertrockne von innen heraus.

Vertrocknete Beeren müssen entfernt werden

Doch auch bei den Aldingers macht der Trollinger nur noch rund sieben Prozent des gesamten Anbaus aus. So gesehen sei man mit einem „blauen Auge“ davongekommen, sagt Hansjörg Aldinger. Heftige Hagelunwetter, die alle Sorten in Mitleidenschaft gezogen hätten, „wären viel schlimmer gewesen“. Denn der aktuelle Jahrgang lasse sich vielversprechend an. Aber für die Qualität sei letztlich das Wetter „ab jetzt bis zur Lese entscheidend“, sagt Hansjörg Aldinger.

Auf den Rebflächen der Felsengartenkellerei Besigheim (Kreis Ludwigsburg) sind laut dem Geschäftsführer Hans-Georg Schiller die Trollingertrauben am stärksten, aber nicht einzig vom Sonnenbrand betroffen. Unter anderem habe es auch einige Burgundersorten erwischt. Vor allem die Reben in Steillagen, in denen die Mauern zusätzlich Hitze abstrahlten und die zudem unter großem Wassermangel litten, seien am stärksten in Mitleidenschaft gezogen worden.

Hans Kusterer und seine Kollegen wollen nun beim Trollinger retten, was zu retten ist. So müssten die vertrockneten Beeren entfernt werden. Gerieten sie in den Verarbeitungsprozess, „wäre das für den Geschmack nicht so gut“, sagt Kusterer. Denn sie enthielten intensive Bitterstoffe.