Die im September 2019 gelieferten Fahrzeuge werden erst seit Ende Januar im Linienverkehr eingesetzt. Zunächst mussten noch etliche Kinderkrankheiten geheilt werden. Vor allem Softwareprobleme sollen zu der Verzögerung geführt haben.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Es gibt Busliebhaber, die genau beobachten, welche Fahrzeuge auf den Linien des Städtischen Verkehrsbetriebs Esslingen (SVE) gerade im Einsatz sind – und welche nicht. Von einem solchen Technikliebhaber kam der Hinweis, dass die kurz nach den Sommerferien gelieferten Elektrohybridbusse bisher nur wenige Fahrgäste transportiert hätten. Denn unterwegs auf der Linie seien sie nicht. Das habe, so mutmaßte der Anrufer, einen Grund: Es gebe dem vernehmen nach viele Mängel, die zunächst behoben werden mussten.

 

„An solchen Gerüchten ist ja meist auch ein Fünkchen Wahrheit dran“, räumt Johannes Müller, der Technische Werksleiter des SVE, ein. In diesem Fall war es sogar ein bisschen mehr als ein Fünkchen. Denn in der Tat haben jene drei Elektrohybridbusse, die Mitte September von der polnischen Firma Solaris geliefert worden sind, lange vor allem auf dem Betriebshof des SVE gestanden. Erst seit gut einer Woche werden die Fahrzeuge im alltäglichen Betrieb auf der Linie 101 eingesetzt.

Vier Monate Verzögerung

Als Grund für die Verzögerung – von der Auslieferung bis zum Einsatz vergingen immerhin vier Monate – nennt Müller „Kinderkrankheiten“. Er betont, dass es normal sei, dass neue Busse erst einmal für den Linienverkehr hergerichtet werden müssten. Bei Dieselbussen dauere das in der Regel vier bis sechs Wochen, bei den speziell für Esslingen und Solingen gebauten kombinierten Elektrohybrid- und Oberleitungsbussen eben deutlich länger. Die Elektrohybridbusse seien „fahrende Hightechcomputer“, wobei die Hersteller der neuen Traktionsbatterien ebenso über eine eigene Software verfügten wie die Produzenten der für die Oberleitungsverbindung benötigten Komponenten. Auch Solaris selber verwende eine eigene Software. Das habe anfänglich zu erheblichen Problemen geführt.

In der Tat seien zweimal die Busse während einer Linienfahrt ausgefallen – und den Fahrern sei dabei gemeldet worden, das keine Batterien vorhanden seien. Die Busse hätten abgeschleppt werden müssen und seien bis zur Lösung der Problematik wieder aus dem Verkehr gezogen worden. Dazu hätten die unterschiedlichen Softwareprogramme harmonisiert werden müssen.

Sicherheitsstange fehlte

Aber auch die Lösung kleinerer Probleme habe mehr Zeit als gedacht in Anspruch genommen: So gebe es im Fahrgastbereich einen Container, in dem die Batterien untergebracht seien. Auf diesem Container könnten Fahrgäste Taschen abstellen. Allerdings habe eine Sicherheitsstange gefehlt, die bei abruptem Bremsen die Taschen gestoppt hätten. Diese anzubringen, hätte, so Müller, den Hersteller vor größere Herausforderungen gestellt.

Ein weiteres Problem sei, dass es beim Busfabrikanten Solaris in Polen zwar einen kleinen Testbereich für Oberleitungen gebe, aber kein richtiges Oberleitungsnetz. Deshalb hätten die Busse erst direkt in Esslingen an die hiesigen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Das allein habe bis zum Dezember gedauert. Erst danach habe der SVE die Busse endgültig übernommen – und auch die Rechnung bezahlt. Jeder Bus kostet rund eine Million Euro.

Bei drei Bussen sind die Kinderkrankheiten behoben

Mittlerweile jedoch seien bei den ersten drei Bussen diese Kinderkrankheiten behoben. Seit Ende Januar seien die Busse auf der Linie 101 im Einsatz – und stießen bei den Fahrern und den Gästen auf große Begeisterung. Und auch die Batterien der neuen Generation übererfüllten ihre Versprechen in Hinsicht auf die zu erzielende Reichweite. Müller ist deshalb optimistisch, dass der SVE nach anfänglichen Problemen an den neuen Bussen seine Freude haben werde.

Noch nicht so weit sind jene drei Busse, die Solaris Mitte Dezember an den SVE geliefert hat. Bei der Einrichtung dieser Busse kämen aber, so sagt Müller, den von Solaris nach Esslingen entsandten Mitarbeitern die Erfahrungen aus den vergangenen Monaten zugute. Zwar müssten noch Restarbeiten erledigt und die Busse von der Technischen Aufsichtsbehörde abgenommen werden. Er ist aber optimistisch, dass die drei Busse dann im März durch Esslingen fahren können.

Zunächst nur auf der Linie 101 im Einsatz

Zunächst werden die Elektrohybridbusse aber nur die Linie 101 und nicht, wie geplant, die Linien 113 und 118 hoch zum Zollberg fahren. Dafür verantwortlich sind aber in diesem Fall definitiv nicht die Busse. Vielmehr macht die Baustelle auf der Vogelsangbrücke dem SVE einen Strich durch die Rechnung: Aus Sicherheitsgründen habe man beschlossen, mit dem Einsatz der neuen Busgeneration auf diesen Linien erst zu beginnen, wenn die Arbeiten an der Brücke – voraussichtlich Ende des Jahres – abgeschlossen sind.