Der 31-jährige Wirtschaftsförderer Marc Grün will einen besseren Branchenmix und ein System der gegenseitigen Qualitätskontrolle etablieren.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Wenn ein Wirtschaftsförderer wie Marc Grün die ersten 100 Tage im Amt ist, dann kann er sich entweder mit den lokalen Akteuren vernetzen und Kontakte zu den Wirtschaftskapitänen knüpfen, oder er kann versuchen, zukunftsweisende Konzepte in der Stadt und in der Verwaltung anzugehen.

 

Der 31-jährige Marc Grün hat beides getan. Er versteht sein Amt nicht nur als Partner der Wirtschaft und als Kümmerer um die Belange der Esslinger Firmen vom Maschinenbauriesen bis zum Pflegedienst. Er will seinem Amt vor allem eine strategische Bedeutung verleihen. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die Verwaltung und Wirtschaft gleichermaßen betrifft. Was er dem Esslinger Gemeinderat bereits vorgestellt hat, ist ein Konzept, bei dem sich die Zusammenarbeit der Wirtschaft und die Verwaltung gegenseitig verbessern. Zunächst vereinbaren die Stadt und die Wirtschaft Qualitätsstandards, etwa wie lange ein Bauantrag brauchen darf. Mit einem System von gegenseitigen Rückmeldungen soll diese Zusammenarbeit verbessert werden. Warum dauert ein Verwaltungsvorgang so lange? Wie könnte man ihn beschleunigen? Bei wem liegen die Probleme?

Ein System, das sich selbst verbessert

Dieses sich selbst verbessernde System könnte man sogar so weit ziehen, dass es im Dialog mit dem Bürger eingesetzt wird. Doch das ist noch ferne Zukunftsmusik. Nähere Projekte sind W-Lan rund um das Esslinger Rathaus, vielleicht kleinere Dinge, aber die nimmt Grün genauso wichtig.

Marc Grün ist 1986 in Krefeld geboren und hat in Freiburg und Heidelberg erst Jura und dann Verwaltungswissenschaften studiert. Er hat in England und den USA Erfahrungen gesammelt und wäre eigentlich ein klassischer Verwaltungsmann, wenn er nicht geraume Zeit seines Berufslebens für Beratungsfirmen gearbeitet hätte.

Wie ist es denn, Wirtschaftsförderer zu sein, in einer Stadt, in der es für die Wirtschaft so gut wie keine Flächen gibt? Darauf hat Marc Grün mehrere Antworten, und sie hängen alle damit zusammen, dass das Amt der Wirtschaftsförderung, so wie er es versteht, nach außen wie nach innen arbeiten muss. Denn 90 Prozent aller Anfragen kämen von Firmen, die bereits hier angesiedelt seien.

„Die Firmen haben selbst oft Vorschläge, wie sie in die Höhe oder Tiefe bauen können“, auch wenn allen klar sei, dass „man natürlich keine Maschinenstraße in den dritten Stock stellen kann“, sagt er. Wichtig für ihn ist das neue Gewerbegebiet in Berkheim. Hier sollte sich seiner Ansicht nach eine Firma ansiedeln, die der Digitalisierung der Region weiterhilft. Darin sieht Grün auch das Manko im Wirtschaftsmix der Stadt, ebenso wie bei der fehlenden Biologie-Technik, auch wenn hier die Stadt verschiedene Schritte gegangen sei.

Schwach beim Innovationsindex

Schwach sei die Stadt beim Innovationsindex, hier lägen Berlin oder München vorne, sagt er. Deswegen müsse sich Esslingen überlegen, wie sie kreative Leute am Ort halte oder sogar Biotope für sie baue. Wird es dann einmal eine Esslinger Denkfabrik geben? Das sei Teil einer Zukunftsstrategie, mit der sich Marc Grün zur Zeit ebenso beschäftigt. Darin wird es auch darum gehen, den Fachkräftemangel zu beseitigen und die Abwanderung von Auszubildenden zu verhindern. An Marc Grün, mit 31 Jahren selbst noch ein jüngerer Mann, zerren jedoch weder Berlin noch München. Er freue sich, sagt er, in dieser offenen Stadt zu leben mit ihrer „großartigen historischen Kulisse“.