Der Landrat Richard Sigel bringt den Etat für das kommende Jahr ein – zugleich setzt er sich und seiner Behörde ein ehrgeiziges Ziel in Sachen CO2-Neutralität.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Plüderhausen - Digitalisierung und Klimaschutz hat der Landrat Richard Sigel am Montagnachmittag in seiner Haushaltsrede in der Plüderhausener Staufenhalle als besondere Schwerpunktthemen für die Landratsamt-Arbeit im kommenden Jahr benannt. Das sei schon vor dem Blick in das mehr als 800 Seiten starke Zahlenwerk an der Form des Etatplans ersichtlich: Aus einem dicken Buch ist nun eine digitale Datei geworden.

 

„Wachsweiches“ Ziel soll konkreter werden

Zwar sei der Landkreis mit seiner selbst auferlegten Agenda bereits in der richtigen Richtung unterwegs, das für den gesamten Rems-Murr-Kreis formulierte Ziel, bis 2050 klimaneutral sein zu wollen, ist nach Ansicht des Landrats jedoch „wachsweich“. Sigel will für sein eigenes Haus konkreter werden: Kreisverwaltung, Kreisbaugruppe und Abfallwirtschaftsgesellschaft sollen bis 2030 „weitgehend CO2 -neutral arbeiten und zum gleichen Stichtag einen ebensolchen Immobilienbestand aufweisen. In Sachen Radverkehr strebe der Landkreis durch den Ausbau der Wege und verschiedene Projekte das „gelbe Trikot“ an. Und zum 25-Jahr-Jubiläum der Wieslauftalbahn möchte Sigel die Vision von Zügen entwickeln, die mit Wasserstoff-Antrieb ausgestattet sind.

Fortgeführt werden sollen die bereits begonnenen Investitionen in die Sanierung von Straßen und den Wohnungsbau. Ein Dauerthema mit „höchster Priorität“ bleibt die Gesundheitsversorgung. Zum einen geht es um eine weitere finanzielle Konsolidierung der Rems-Murr-Kliniken, zum anderen in den kommenden Jahren auch darum, die medizinische Versorgung „zukunftsfest zu machen“.

Dabei werde das Thema Pflege eine wichtige Rolle spielen, aber auch in Sachen Medizinischer Versorgungszentren müsse man gemeinsam mit der Ärzteschaft, den Städten und Gemeinden darüber nachdenken, neue Wege zu gehen. Als Anlass dafür nennt Sigel die Übernahme eines Arztsitzes in Schorndorf durch das Klinikum Stuttgart. Sigel: „Das können wir nicht widerspruchslos akzeptieren und tatenlos zusehen.“

Schuldenberg wird reduziert

Insgesamt will das Landratsamt im kommenden Jahr 26,2 Millionen Euro investieren, 1,6 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Die Voraussetzungen dafür sind nach wie vor gut. Dank sprudelnder Steuerquellen hat der Kreis im vergangenen Jahr deutlich mehr eingenommen als im Haushaltsplan kalkuliert. Auch zum Ende dieses Jahres wird unter dem Strich eine ordentliche Summe übrig bleiben.

Das Geld soll zum Abbau des Schuldenbergs verwendet werden, der zum Jahresende bei knapp 31 Millionen Euro liegen wird, 16 Millionen Euro können darüber hinaus wohl als Rücklagen gebildet werden. Rechnete man freilich die Verbindlichkeiten der Kreistöchter wie Kliniken und Kreisbaugesellschaft hinzu, käme man auf eine ungleich höhere Summe. Doch dieser, so Sigel, stehe auch viel „Betongold“ als Sicherheit gegenüber.

Weiter gesenkt werden soll auch die Kreisumlage, jener Hebesatz, mit dem sich der Landkreis an den Steuereinnahmen der Kommunen bedient. Habe man 2019 mit 34 Prozent schon ein „Rekordtief“ erreicht, wollen Sigel und der Kämmerer Peter Schäfer im kommenden Jahr um weitere 1,7 Prozentpunkte runtergehen – und damit „Sphären wie seit 1996 nicht“ erreichen, wie der Landrat betont.

Allerdings müsse man sich auch die Risiken bewusst machen. Die Gefahr einer Rezession steige: „Die Konjunkturampel steht erstmals seit Jahren wieder auf rot“, warnt Sigel. Und auch der Kämmerer weist auf Unsicherheiten im Etatplan hin: etwa die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes oder ungeklärte Abrechnungen bei der Flüchtlingsunterbringung.

Eckdaten im Etatplan für 2020

Bilanzsumme
Der Etatplan des Landratsamts für das kommende Jahr ist knapp 510 Millionen Euro schwer. Den größten Teil der Aufwendungen macht der Bereich „Soziales, Jugend sowie Besondere Hilfen“ mit 67 Prozent oder 339 Millionen Euro aus.

Investitionen
26,2 Millionen Euro sollen im kommenden Jahr investiert werden, das sind 1,6 Millionen mehr als 2019. Einen wesentlichen Anteil daran hat die Fortführung der Gesamtimmobilienkonzeption am Standort Waiblingen mit 6,6 Millionen Euro.

Kliniken
Der Betrag, mit dem das Defizit der Kliniken ausgeglichen werden muss, soll um 5,5 Millionen auf 12,8 Millionen Euro reduziert werden. Allerdings sind in der Rechnung noch keine finanziellen Auswirkungen aus dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz eingepreist. Laut dem Kämmerer könnten das bis zu 3,8 Millionen Euro sein.

Kreisumlage
Der Hebesatz der Kreisumlage soll von 34 auf 32,3 Prozent gesenkt werden. Das wäre prozentual zwar der niedrigste Wert seit 23 Jahren. Allerdings wären die rund 214 Millionen Euro, die dadurch in die Kasse gespült würden, noch knapp anderthalb Millionen Euro mehr als im aktuellen Jahr.

Schulden
Zum Ende dieses Jahres soll der Schuldenberg bis auf 30,6 Millionen Euro abgebaut werden. Zu verdanken ist das einer Vereinbarung aus dem Jahr 2011, wonach unvorhergesehene Überschüsse aus den Haushaltsabrechnungen zur Kredittilgung verwendet werden sollen. Für Ende 2020 rechnet man mit einem Stand von 36,6 Millionen Euro.