Die EU will das Urheberrecht reformieren. Doch viele Menschen warnen vor den sogenannten Upload-Filtern. Doch worum geht es bei diesen Filtern und warum ist die Reform so umstritten?

Stuttgart - Eigentlich sollte mit einem neuen Urheberrecht alles besser werden. Stattdessen hat die Copyright-Reform auf EU-Ebene in den vergangenen Monaten für heftige Debatten gesorgt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

 

Worüber stimmt das Europaparlament ab?

Mitte Februar hatten Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten nach langen Verhandlungen einen Kompromiss bei der Reform des angestaubten Urheberrechts erzielt. Mit diesem Vorhaben soll das Copyright ans Internet-Zeitalter angepasst werden. Die EU-Staaten haben den Kompromiss - auch mit einem deutschen Ja - bestätigt. Die Zustimmung des Plenums steht noch aus. Normalerweise ist das nur eine Formalie. Doch dieses Mal ist vieles anders.

Warum ist das Thema so brisant?

Die einen befürchten Zensur und den Tod des freien Internets. Die anderen knüpfen die Reform an das Überleben von Künstlern, Kreativen und Autoren. Die Debatte wird emotional geführt. Und zwei Themen stehen im Mittelpunkt: das Leistungsschutzrecht für Presseverleger in Artikel 11 sowie die mögliche Einführung sogenannter Upload-Filter, die aus Artikel 13 resultieren könnte. Am Wochenende gingen Zehntausende in mehreren deutschen Städten gegen die Reform auf die Straße. Aus Sicht der Befürworter geht es allein darum, Plattformen, die wissentlich mit fremden Inhalten Geld verdienen, zu einer fairen Lizenzierung zu zwingen.

Was besagen Artikel 11 und Artikel 13?

Artikel 11 hat zum Ziel, dass Zeitungsverlage und Autoren mehr für ihre Inhalte bekommen. Suchmaschinen wie Google dürfen demnach nicht mehr ohne weiteres kleine Artikel-Ausschnitte in ihren Suchergebnissen oder bei Google News anzeigen. Vielmehr sollen sie die Verlage um Erlaubnis bitten und gegebenenfalls dafür zahlen.

Zum anderen werden Plattformen wie YouTube nach Artikel 13, der in der finalen Fassung des Gesetzes Artikel 17 heißt, stärker in die Pflicht genommen. Geschützte Werke müssen lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen - oder dürfen nicht hochgeladen werden. Falls Inhalte doch illegal auf den Plattformen landen, haften diese automatisch, sofern sie nicht größte Anstrengungen unternommen haben, sich die notwendigen Lizenzen zu besorgen oder das Hochladen zu verhindern. Ausnahmen gibt es nur für wenige Firmen.

Und wo ist das Problem?

Nach Ansicht von Kritikern führt Artikel 13 automatisch zu sogenannten Upload-Filtern. Anders könnten Plattformen die Inhalte gar nicht auf Verstöße überprüfen. Nach Ansicht der Kritiker würden diese Filter auch legale Inhalte wie Parodien oder Zitate blockieren - und so die freie Meinungsäußerung einschränken. Dieser Meinung haben sich mittlerweile Politiker aus fast allen Parteien angeschlossen. Vor allem Google - und damit auch YouTube - hatte gegen die Reform mobil gemacht und unter anderem ganzseitige Zeitungsanzeigen geschaltet. Der Entwurf der Urheberrechtslinie könne dazu führen, dass „die Vielfalt von online verfügbaren Informationen möglicherweise beeinträchtigt wird“, schreibt Google online.

Gegner des Leistungsschutzrechts sehen insbesondere für kleine Verlage Nachteile. Diese seien darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden und hätten eine schwache Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. Zudem verweisen sie auf Deutschland: Hier gibt es schon seit 2013 ein Leistungsschutzrecht - doch es führt nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage. Außerdem wäre die Medienvielfalt im Netz nach Ansicht der Kritiker eingeschränkt. Die großen Verlegerverbände in Deutschland begrüßen die Reform hingegen.

Wie verlaufen die Fronten in der Politik?

Völlig unübersichtlich. SPD-Justizministerin Katarina Barley stimmte der Reform auf EU-Ebene zwar zu, ist aber eigentlich gegen Artikel 13. Sie argumentierte mit der Kabinettsdisziplin. Die SPD im Europaparlament will am Dienstag gegen Artikel 13 stimmen. Für das Parlament hatte CDU-Politiker Axel Voss federführend verhandelt. Aber auch aus seiner Partei lehnen etliche Politiker, darunter mehrere Digitalexperten, Artikel 13 und Upload-Filter ab.

Wie hat sich die Debatte zuletzt entwickelt?

Die Nerven liegen blank - auf beiden Seiten. Für einige Gegner von Artikel 13 ist CDU-Politiker Voss zur Symbol- und Hassfigur geworden. Er wurde in sozialen Netzwerken attackiert, verlacht und verhöhnt.

Befürworter des Vorhabens diskreditierten seine Gegner als von Tech-Konzernen gesteuert, die EU-Kommission sprach in einem Blog-Post zwischenzeitlich von einem „Mob“ und der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary äußerte am Wochenende sogar den Verdacht, dass US-Internetkonzerne die Reform mit „gekauften Demonstranten“ verhindern wollten. Damit löste er auch in den eigenen Reihen Empörung aus. Wenig später ruderte Caspary zurück.

Wie könnte es weiter gehen?

Sollten die Abgeordneten dem Vorhaben in Gänze zustimmen, wäre es mit höchster Wahrscheinlichkeit noch vor der Europawahl Ende Mai durch. Die EU-Staaten müssen allerdings noch ein weiteres Mal zustimmen. Das Parlament könnte sich auch dafür aussprechen, einzelne Artikel zu streichen. Auch dem müssten die EU-Staaten zustimmen.

Falls sie das nicht tun, müssten sie erneut mit dem Parlament verhandeln. Die Europawahl Ende Mai würde allerdings noch einige Verzögerung bedeuten. Zudem kam bereits der vorliegende Kompromiss nur sehr mühsam zustande. Sollte das Parlament den gesamten Vorschlag am Dienstag ablehnen, müsste ebenfalls erneut verhandelt werden.