449 Bauten sind im Rennen um den renommierten Mies van der Rohe Award 2022 – und Stuttgart kann sich gute Chancen ausrechnen. Gibt es weitere Projekte aus dem Südwesten auf der Nominierungsliste?

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Barcelona/Stuttgart - 449 Bauten aus 279 Städten in 41 Ländern konkurrieren um den Preis der Europäischen Union für zeitgenössische Architektur – „Mies van der Rohe“-Award 2022. Unter den zwischen Oktober 2018 und Oktober 2020 fertiggestellten Bauten ist auch ein Projekt aus der Landeshauptstadt Stuttgart: der Neubau der John-Cranko-Schule. Das haben die Europäische Kommission und die Fundació Mies van der Rohe in Barcelona bekannt gegeben.

 

Aufgrund der Pandemie und der „gegenwärtigen Umstände“ ist die Vergabe des Mies-Award 21 um ein Jahr auf 2022 verschoben worden. Zudem findet eine weitere Nominierungsrunde für Projekte statt, deren Fertigstellung zwischen Oktober 2020 und April 2021 liegt. Diese Auswahl soll im September 2021 feststehen.

Deutschland ist aktuell mit 25 Bauten in dem hochkarätigen Architekturwettbewerb vertreten und rangiert damit nach Spanien mit 31 und Frankreich mit 29 Projekten auf Platz drei. Baden-Württemberg ist stark repräsentiert: Fünf Bauten beziehungsweise Architekturbüros kommen aus dem Südwesten. Die Nominierungsliste setzt sich aus Vorschlägen einer Gruppe unabhängiger Experten, den Mitgliedsverbänden des Architects’ Council of Europe (ACE), nationalen Architektenverbänden in Europa und dem beratenden Ausschuss der Fundació Mies van der Rohe zusammen.

Welche Architekturbüros aus Stuttgart sind nominiert?

Das Stuttgarter Büro Bez + Kock war mit dem Sauerland-Museum in Arnsberg bereits unter den sieben deutschen Projekten, die im August 2020 mit einer ersten, nationalen Auswahl bekannt gegeben wurden. Zu dieser Riege zählen etwa auch die James-Simon-Galerie in Berlin von David Chipperfield Architects oder die Kita Karoline Goldhofer in Memmingen von Heilergeiger Architekten in Kempten. Diese Liste ist nun um weitere 18 Bauten erweitert worden.

So kann sich der Neubau der John-Cranko-Schule in Stuttgart, den das Münchner Büro Burger Rudacs Architekten plante, Hoffnungen auf den renommierten Architekturpreis machen. Das im September 2020 offiziell eröffnete Domizil der Stuttgarter Tänzernachwuchsschmiede besticht durch eine gelungene Symbiose von Form und Funktion; im Innern trumpft der als Treppenskulptur in den Hang gesetzte Betonbau mit einer belebten Raumfolge und reizvollen Aus- und Durchblicken auf.

Das Stuttgarter Büro Steimle Architekten ist mit dem Rathaus in Remchingen nordwestlich von Pforzheim nominiert. Ebenfalls aus Stuttgart kommen die beiden Architekturforscher Achim Menges und Jan Knippers, die mit dem Urbach-Turm zu den Nominierten zählen. Beim jüngst vergebenen DAM-Preis 2021 hatten sie es mit ihrer innovativen Konstruktion aus selbstformendem Holz zumindest auf die Shortlist geschafft. Und es gibt noch einen weiteren Konkurrenten aus Baden-Württemberg: das Experimenta Science Center in Heilbronn, das vom Berliner Büro Sauerbruch Hutton geplant wurde.

Welcher Bautyp ist am stärksten vertreten?

Zum ersten Mal seit 2003 stellen Einzelhäuser die größte Gruppe, gefolgt von kollektiven Wohnungen und Bildungsbauten. Kulturelle Einrichtungen, 2018 noch führend, rangieren jetzt an vierter Stelle. Als Gründe werden in der Pressemitteilung neben der Debatte um die Wohnungskrise die aktuelle Pandemie genannt, „in der wir uns der Qualität der Orte, an denen wir leben, und der Art und Weise, wie die Menschen tatsächlich leben, bewusster sind, nachdem wir uns lange Zeit zu Hause aufgehalten haben“.

Die Preisverleihung für den mit 60 000 Euro dotierten Award ist für Mai 2022 geplant.