Beim Konzert der Wiener Band Euroteuro im Stuttgarter Kulturzentrum Merlin hat sich mancher verwundert die Augen gerieben. Musikalisch war das hübsch durchgeknallt - aber dazu diese Performance ...

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Im Fahrwasser von Wanda und Bilderbuch haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche österreichische Popgruppen auf Stuttgarter Bühnen präsentiert, allen voran Granada mit ihrem gut gelaunten Dialektindierock. Das Stuttgarter Kulturzentrum Merlin ist für die etwas abseitigeren Acts zuständig, so wieder einmal zu besichtigen am Samstag im Rahmen des Pop-Freaks-Festivals. 

 

Damit ist weniger die Vorband Tents mit ihrem packenden Indierock gemeint, sondern vielmehr der Hauptact Euroteuro. Deren Debütalbum "Volume I" ist bei Siluh Records erschienen. Zu dem Wiener Label und seinen Bands (darunter Vague und Mile Me Deaf) hat das Merlin beste Booking-Beziehungen. Auf Siluh erscheinen gern sperrige, manchmal auch leicht spinnerte Popplatten - perfektes Futter für das Pop-Freaks-Programm, zumal Euroteuro in der vorletzten Print-"Spex" besprochen wurden und das einzige männliche Bandmitglied Peter T. gleich zu Konzertbeginn einen "Max-Rieger-Moment" vernimmt.

Was etwa in der Single "Autogrill" als ironische Kindheitserinnerung mit Schlager-Appeal daherkommt, wird live zu einer Art Konzerttheatersport, in der Anlage der hiesigen Akademischen Betriebskapelle nicht unähnlich. Der Quasi-Frontmann Peter T. hüpft von Minute eins an zum Austrobeat auf der Bühne herum mit der vorab klar geäußerten Absicht, das Publikum möglichst gut zu unterhalten. Das gelingt: Der New-Wave-Schlager-Dada-Mix macht die Beine locker und die Gesichter grinsend; dank Halbplayback bleiben die Hände frei für diverse Tanz-Moves. Wer das Video "Kündigung" im Kopf hat, singt die Zeilen zur Copa Kagrana auswendig mit und spürt das nötige Trashgefühl.

Snacks auf Konzertbesucher

Siluh selbst beschreibt Euroteuro als Kollektiv, zumal auf dem Album diverse Gäste zu hören sind. Und tatsächlich gleicht der Abend, je mehr er sich Mitternacht nähert, eher einer Theaterperformance als einem Konzert. Zur Zugabe werden die Backstageknabbereien auf dem Bauch eines auf die Bühne gebetenen Zuhörers ausgebreitet, was ein bisschen an den "Mitten im Leben"-Clip mit den Spaghetti Ketchup erinnert.

Ja, im Merlin steht das andere, das blödelnde Österreich auf der Bühne, und auch der Frauenanteil von 80 Prozent qualifiziert die Gruppe für das Popfest 2019. Eines Kommentars zur tagesaktuellen Politik enthalten wir uns an dieser Stelle und weisen lieber auf das nächste Konzert eines Siluh-Acts im Merlin hin: Am 17. Mai sind dort Culk zu Gast, deren Sound gerade für Max-Rieger-Fans äußerst vielversprechend sein dürfte.


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