Nach mehr als drei Monaten in Untersuchungshaft hat ein Gericht in Tokio entschieden, dass Automanager Carlos Ghosn auf Kaution freikommen kann. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft aber Einspruch ein - und für Ghosn ändert sich erst einmal nichts.

Tokio - Im Fall Carlos Ghosn ist die Freilassung des ehemaligen Nissan-Chefs gegen Kaution vorerst am Einspruch der Staatsanwaltschaft in Tokio gescheitert. Stunden, nachdem ein Gericht die Kaution von einer Milliarde Yen (rund 7,8 Millionen Euro) festgelegt hatte, entschieden sich die Staatsanwälte am Dienstag zum Veto. Insgesamt drei Mal hatte Ghosn Antrag auf Freilassung gestellt. Dem Manager werden unter anderem Untreue und Vertrauensbruch vorgeworfen.

 

Erst am Montag hatte sich Ghosns neuer Anwalt Junichiro Hironaka zuversichtlich gezeigt, dass der erneute Antrag auf Freilassung erfolgreich sein würde. Unter anderem hatte er neue Formen angeboten, Ghosn zu überwachen. Dieser sei zum Beispiel dazu bereit, eine Kameraüberwachung zuzulassen. Nach der Entscheidung des Gerichts, die Kaution festzulegen, lobte Hironaka: „Es war gut, dass wir konkret aufgezeigt haben, dass wir Beweise nicht manipulieren oder versuchen würden, zu fliehen.“

Damit hatte die Staatsanwaltschaft nämlich argumentiert, um eine Freilassung des Nissan-, Renault- und Mitsubishi-Managers zu verhindern. Der 64-Jährige sitzt seit dem 19. November in Untersuchungshaft. Ihm wird beispielsweise auch vorgeworfen, falsche Einkommensangaben gemacht und damit Finanzberichte gefälscht zu haben. Er streitet das ab.

Gründe für Ghosns Festnahme angezweifelt

Ende Februar beantragte Ghosn zum dritten Mal, gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt zu werden. Anwalt Hironaka hat die Gründe für Ghosns Festnahme angezweifelt und den Fall als „sehr merkwürdig“ beschrieben. Mit Blick auf die Aufmerksamkeit, die der Fall nicht nur in Japan, sondern weltweit erregt hat, erklärte er: „Das ist wichtig für die Geschichte und die Gesellschaft.“

In Japan sitzen Verdächtige häufig bis zum Prozessbeginn monatelang in Haft. Das gilt insbesondere, wenn sie auf ihrer Unschuld beharren. Hironaka gilt als scharfer Kritiker dieses Systems, er spricht von „Geiseljustiz“. Ghosns Familie hatte für seine Freilassung gekämpft, und nannte die Haft einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Die Verurteilungsquote beträgt in Japan 99 Prozent. Hironaka ist berühmt dafür, Freisprüche zu erwirken.

Vor seiner Festnahme war Ghosn ein hoch angesehener Topmanager der Autobranche. Er schmiedete die Allianz zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi und führte diese Autobauer an die Weltspitze.