Wie haben sich die Unparteiischen generell bei der EM geschlagen?
Sehr gut. Sie haben eine großzügige Linie durchgezogen, ihr Umgang mit den Spielern hat mir gefallen. Am bemerkenswertesten fand ich, dass echte Persönlichkeiten auf dem Platz standen, und man die Schiedsrichter ihre Persönlichkeit auch hat einbringen lassen. Sie waren keine Klone, die nach Schema F gepfiffen haben.
Es gab erstaunlich wenige Diskussionen über Fehlentscheidungen.
Stimmt. Ich habe während der gesamten EM keinen einzigen Anruf von jemandem erhalten, der einen Kommentar oder eine Einschätzung von mir wollte. Das spricht für eine sensationelle Leistung der Schiedsrichter (lacht).
Das war bei der WM 2014 noch anders. Damals hagelte es nach den vielen Fehlern harte Kritik.
Bei einer Weltmeisterschaft gibt es eine bunte Vielfalt, bei den Teams und Trainern, aber natürlich auch bei den Schiedsrichtern. Deshalb sind die Leistungsunterschiede dort größer als bei einer EM. In Europa haben wir die stärksten Ligen und folglich auch die besten Schiedsrichter. Dazu kommt: Bei einer EM kennen sich alle – Spieler, Trainer und Schiedsrichter. Jeder weiß, was er vom anderen zu erwarten hat. Darauf kann man sich dann auch sehr gut einstellen.
Auch der Deutsche Felix Brych hat sehr gut gepfiffen. Trotzdem war für ihn nach dem Viertelfinale Schluss – wie für alle Schiedsrichter, deren Nationalteams die Runde der letzten vier erreicht haben. Persönliches Pech?
Ja, leider. Es ist einfach sein Los, dass die Deutschen fast immer ins Halbfinale kommen. Deshalb war Markus Merk auch der letzte Deutsche, der ein EM-Endspiel gepfiffen hat. Das war 2004, in Portugal.
Ist das für Felix Brych nicht demotivierend?
Nein, damit muss er einfach leben, aber er wird international sicher noch viele Höhepunkte erleben. Allerdings kommt bei ihm ja noch hinzu, dass er Münchner ist und der FC Bayern in der Champions League in der Regel lange mitmischt. Dennoch hat er als Schiedsrichter schon unglaublich viel erreicht. Und er hat auch bei dieser EM seine Persönlichkeit sehr gut einbringen können.