Am Sonntag wurde Paul Breitner 70 Jahre alt, was ihn nicht besonders berührte – anders als der Elfmeter, den er im WM-Finale 1974 verwandelt hat. Der verfolgt ihn bis heute.

Stuttgart - Wenn es ganz dumm gelaufen wäre, hätte Paul Breitner womöglich nie den Fußball-Weltpokal in Händen halten können. 1970, nach einem Europapokalspiel des FC Bayern München in Pilsen, forderte Bayern-Präsident Wilhelm Neudecker „Mao-Paule“ auf (weil er sich mit einem Poster des chinesischen Revolutionärs Mao Tse-tung hatte ablichten lassen und politisch ziemlich weit links stand), den Bus zu verlassen und sich in der Tschechoslowakei niederzulassen, die damals zum sogenannten Ostblock zählte. „So, Breitner, jetzt sammer da, wo Sie immer hinwollten. Schaun’s mal raus. Busfahrer: Stopp. Steigen’s aus jetzt“, hatte Neudecker den Profi aufgefordert – weil der aber einfach sitzen geblieben war, folgte eine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft, mit der Breitner 1972 Europa- und 1974 Weltmeister wurde und mit der er 1982 erneut gegen Italien im WM-Finale gestanden hatte, aber mit 1:3 verlor.

 

Es gibt unzählige Anekdoten über den Mann aus Kolbermoor, der am Sonntag 70 Jahre alt geworden ist. Der dieses Jubiläum aber nicht auf besondere Art feiern wollte, weil in der Breitner’schen Werteskala ein runder Geburtstag nicht besser ist als jeder andere, was viel über den besonderen Charakter des ehemaligen Fußballers verrät, der auf dem Rasen als Exzentriker mit Afrofrisur und heruntergezogenen Stutzen bekannt war, neben dem Platz als Rebell mit starker Meinung und Revoluzzer inklusive Foto mit Mao-Bibel. Unvergessen wurde er durch sein Elfer-Tor im Finale 1974 gegen die Niederlande zum 1:1 – erst Jahre später wurde Breitner klar: „Wenn ich gewusst hätte, was mit diesem Elfmeter passiert, hätte ich ihn nicht geschossen“, sagte er „weil ich nicht geboren bin zum Helden.“ Nun, das kann man anders sehen. Das Maskottchen des Deutschen Fußball-Bunds wurde 2006 vorgestellt, sein Name wurde per Wahl durch die Fans ermittelt – der Adler heißt „Paule“.