Drei Kreuzbandrisse haben eine Bundesligakarriere von Gerrit Müller verhindert. Doch für die zweite Liga hat es für den ehemaligen Spieler des VfB II und der Stuttgarter Kickers gereicht. Nun spielt er mit 36 für Türkspor Stuttgart.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - VfB Stuttgart, Karlsruher SC, SF Siegen, Dynamo Dresden, 1. FC Heidenheim, Stuttgarter Kickers und 1. FC Magdeburg lauteten die Stationen von Gerrit Müller. Mit 36 Jahren hat sich der technisch starke Offensivmann nun dem Fußball-Bezirksligisten Türkspor Stuttgart angeschlossen.

 

Herr Müller, was treibt einen 36 Jahre alten ehemaligen Zweitligaprofi in die Bezirksliga Stuttgart?

(lacht) Ich will mich einfach fit halten. Wenn ich gar nichts mache, tun meine Knochen noch mehr weh. Zudem spielt ja Louis Hörger bei Türkspor Stuttgart. Mit ihm habe ich in der Jugend beim VfB Stuttgart zusammengespielt und der Kontakt ist nie abgebrochen.

Lesen Sie hier: Interview mit Kickers-Geschäftsführer Matthias Becher

Den Saisonstart haben Sie aber verpasst. Beim 3:2-Sieg gegen den MTV Stuttgart waren Sie noch nicht dabei.

Ja, leider. Eine Zerrung setzt mich wohl noch zwei Wochen lang außer Gefecht. Die pysiotherapeutische Behandlung ist in der Bezirksliga natürlich nicht ganz so professionell wie in der zweiten oder dritten Liga.

Wann waren Sie eigentlich zuletzt in einem Punktspiel am Ball?

Das war im März 2018 für den 1. FC Magdeburg. Knieprobleme ließen danach nicht mehr zu, die Mannschaft feierte ohne mich auf dem Spielfeld den Zweitligaaufstieg.

Inzwischen setzen Sie hauptberuflich nicht mehr auf die Karte Fußball.

Ich habe umgeschult und mich für ein duales Sportökonomie-Studium entschieden. Ich arbeite bei der Agentur SoccerQ, die sich um Spielerberatung und Talentsichtung kümmert. Dort ist der ehemalige Profi Thomas Gentner (Anm. d. Red.: der jüngere Bruder von Ex-VfB-Profi Christian Gentner) Geschäftsführer.

Lesen Sie hier: Spieler zwischen Bundesligaträumen und Existenzängsten

Vor einem Jahr waren Sie auch mal als Co-Trainer bei den Stuttgarter Kickers im Gespräch.

Ja, ich habe einen guten Draht zu Kickers-Chefcoach Ramon Gehrmann. Doch mein Studium kam dazwischen.

Wie würden Sie Ihre Karriere rückblickend bewerten?

Ich bin zufrieden und will nicht klagen. Ich hatte drei Kreuzbandrisse, sich da jeweils zurückzukämpfen, ist nicht einfach. Vor allem die Psyche muss mitspielen, um danach wieder angstfrei aufspielen zu können. Aber ich glaube, ich habe mich ganz gut durchgebissen.

Immerhin waren Sie mit Dynamo Dresden schon in der zweiten Liga angekommen.

Ja, das war 2011, aber dann kam dieser dritte Kreuzbandriss, der für mich der entscheidende Rückschlag auf dem Weg nach oben.

Danach kehrten Sie nach Württemberg zurück und spielten noch für den 1. FC Heidenheim und die Stuttgarter Kickers.

Mit dem 1. FCH bin ich damals knapp am Aufstieg in die zweite Liga gescheitert, bei den Kickers dann leider in der Winterpause gemeinsam mit Urgestein Enzo Marcheseaussortiert worden. Da sind manche im Verein zu ungeduldig geworden und am Ende stand dieser dramatische Absturz der Blauen in die Regionalliga. Aber eines haben diese beiden Stationen für sich.

Lesen Sie auch: Kickers angeln sich Talent von RB Leipzig

Bitte.

Ich habe neben meinem Jugendtrainer Hansi Kleitsch dort mit den besten Trainern meiner Karriere zusammengearbeitet. In Heidenheim mit Frank Schmidt und bei den Kickers mit Horst Steffen. Wenn ich speziell Horst Steffen (Anm. d. Red.: inzwischen bei Regionalligist SV Elversberg) früher gehabt hätte, würde ich einige Bundesligaspiele auf dem Konto haben, da bin ich mir ganz sicher. Er zeigte, dass man im Profifußball Spaß haben kann und trotzdem mit 100 Prozent Einstellung auftritt und Erfolg haben kann.

Erfolg wollen Sie bestimmt auch mit Türkspor. Was sind Ihre Ziele mit dem Club?

Ich habe vor allem ein Ziel: gesund bleiben und Spaß am Fußball haben. Und klar haben wir eine gute Mannschaft, mit der wir bestimmt um den Aufstieg mitspielen können.

Info

Ein weiterer ehemaliger Profi ist seit dieser Saison unterklassig im Bezirk Stuttgart am Ball. Oliver Stierle, früher Stuttgarter Kickers und FC Bayern München II, fungiert seit Sommer als spielender Sportlicher Leiter beim Kreisliga-A-Club ASV Botnang. An diesem Donnerstag (19.30 Uhr) feiert der 37-Jährige sein Debüt im Derby gegen die SKG Botnang.