Ernsthaft Gefahr droht der deutschen Wirtschaft nach Ansicht von StZ-Autor Michael Heller nur durch eine globale Abkehr vom Freihandel.

Stuttgart - Die Exportbilanz steht wie kein zweiter Indikator für die wirtschaftliche Stärke Deutschlands. Insoweit dokumentieren die Zahlen für das abgelaufene Jahr die ungebrochene Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie. Die Erfolge auf den Auslandsmärkten gehen einher mit einer insgesamt guten Konjunktur, so dass das vierte Rekordjahr in Folge auf den ersten Blick wenig überraschend sein mag. Deutsche Auto- und Maschinenbauer haben allerdings zugelegt, obwohl sie keinen Rückenwind durch den Wechselkurs hatten. Im Gegenteil: Der Euro, der Anfang 2017 noch bei 1,05 Dollar lag, hat sich im Jahresverlauf bis auf 1,20 Dollar verteuert; aktuell liegt er bei 1,23 Dollar. Nach landläufigen Erklärungsmustern hätte eine Euroaufwertung den Export dämpfen müssen. Dass dies nicht geschehen ist, belegt eindrucksvoll, dass der Preis nur ein Faktor im Wettbewerb ist, aber nicht der ausschlaggebende. Wichtiger sind Produktqualität, Service und Liefertreue. Und natürlich spielt die Konjunktur bei den Handelspartnern eine Rolle.

 

Der US-Präsident steht an der Spitze der Freihandelsgegner

Deutschlands Exporterfolge haben stets Neider auf den Plan gerufen. Ihnen kann diesmal entgegengehalten werden, dass die deutschen Importe in noch stärkerem Maße gestiegen sind; der Überschuss in den Außenhandelsbilanz ist also etwas zurückgegangen. Das wird die internationale Kritik an hohen Überschüssen in Ländern wie Deutschland aber nicht verstummen lassen. Spätestens seit mit Donald Trump der amtierende US-Präsident als Gegner des Freihandels agiert, ist der möglichst ungehinderte Handel über Grenzen hinweg kein ökonomisches Ideal mehr, zu dem sich alle wichtigen Akteure bekennen.

Investitionen im Ausland entschärfen das Problem

Das ist für die deutsche Wirtschaft gefährlich. Zwar spricht alles – außer Trumps fehlender Einsicht – dafür, dass die deutsche Exportwirtschaft nicht von unfairen Handelspraktiken profitiert, sondern von ihrer Leistungsstärke. Trotzdem schaffen die Überschüsse globale Ungleichgewichte. Und deshalb ist es gut, wenn in Deutschland die Einfuhren steigen so wie im vergangenen Jahr. Ein noch besseres Argument sind freilich verstärkte Investitionen auf Auslandsmärkten, um dort dann für den lokalen Bedarf zu produzieren. Dass dies heimische Jobs in Gefahr bringen kann, steht auf einem anderen Blatt.