An Werktagen sind zwischen Bad Cannstatt und Stuttgarter Zentrum neuerdings Schnellbusse im Gepardenlook unterwegs. Was es mit dem Muster auf sich hat und andere wichtige Antworten zur X1-Linie finden Sie hier.

Stuttgart - Die neue Expressbuslinie X1 zwischen Bad Cannstatt und Stuttgarter Zentrum hat die erste Woche des Betriebs hinter sich. Die Zweifel, ob sich der finanzielle Aufwand für mehr Kapazität im öffentlichen Nahverkehr und bessere Luft rentiert, sind noch nicht zerstreut. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die X-1-Hybridbusse.

 

Warum dieser Gepardenlook?

Das soll signalisieren, dass diese Busse Sprinter sind, denn der Gepard gilt als schnellstes Tier zu Lande. Er bringt es auf bis zu 100 Stundenkilometer. Die Busse sind so schnell nicht unterwegs. Allerdings: Der Gepard kann die maximale Geschwindigkeit auch nur ein paar Sekunden halten, die durchschnittliche Spitzengeschwindigkeit über den ganzen Sprint soll bei 53 Stundenkilometern liegen. Das entspricht dann schon eher dem Tempo, das auf der neuen Busstrecke gefahren wird.

Ist die Expressbuslinie X1 vielleicht eine Mogelpackung?

Manche halten die neue Linie ja tatsächlich für unnötig, weil man mit der S-Bahn vom Cannstatter Bahnhof zum Rotebühlplatz sechs Minuten fährt, mit der Stadtbahn auf der Linie U1 vom Cannnstatter Wilhelmsplatz bis zur Haltestelle Stuttgarter Rathaus elf Minuten, mit dem Schnellbus dorthin bei günstigsten Bedingungen laut Fahrplan zehn Minuten, zum Rotebühlplatz zwölf Minuten. Doch als die Expressbuslinie konzipiert wurde, sei es nicht allein um die Fahrzeit gegangen, heißt es im Rathaus und bei der SSB, die die Betreiberin der Linie ist. Es sei um ein zusätzliches Angebot gegangen, um die Stadtbahnzüge auf dieser Achse zu entlasten – oder wenn es Störungen im S-Bahn-Netz geht.

Ist eine Entlastung von S-Bahn und Stadtbahn überhaupt nötig?

Sven Matis, Sprecher der Stadt, sagt: Er erinnere sich noch gut an ein Zeitungsfoto mit vielen wartenden Fahrgästen am Wilhelmsplatz, als bei einer Störung in diesem Jahr S-Bahn-Züge von Cannstatt zum Stuttgarter Zentrum ausfielen. SSB-Technikvorstand Wolfgang Arnold rät zum Ausblick in die nahe Zukunft. Von Dezember an werde es eine neue U-16-Verbindung von Giebel zum Cannstatter Wilhelmsplatz geben. Das könnte auch das Fahrgastaufkommen zwischen Cannstatt und Stuttgarter Zentrum verändern, wo die Stadtbahnen heute oft stark ausgelastet sind.

Was spricht sonst noch für die X-1-Busse?

Sie fahren nicht im Zehn-Minuten-Takt, sondern im Fünf-Minuten-Takt. Die Wartezeit ist etwas geringer. Die Fahrt vom Wilhelmsplatz zum Wilhelmsbau kostet – wegen der wenigen Haltestellen – 1,40 Euro, die in der Stadtbahn 2,90 Euro. Mit der S-Bahn fährt man bis zum Hauptbahnhof zwar auch für nur 1,40 Euro, aber bis Stadtmitte – also unweit vom Wilhelmsbau – kostet es ebenfalls 2,90 Euro. Wer allerdings im X1-Bus in Richtung Hauptbahnhof weiterfährt, bezahlt auch 2,90 Euro. Man würde ab Cannstatt also besser die S-Bahn benützen, wenn man sparen will. Eine Kleinigkeit außerdem: In diesen Bussen hat man mit dem Handy kabellosen Internetzugang (WLAN) und USB-Steckdosen.

Sehen Sie im Video die Umfrage zum Expressbus – Das sagen Stuttgarter zum neuen X1:

Haben sich die Geparden-Busse nicht auf Kosten des Individualverkehrs ausbreiten dürfen?

Die Stadtverwaltung bestreitet es: Die Busse hätten zwar – als Herzstück der neuen Strecke – in der Mitte der Cannstatter Straße eine rund 860 Meter lange, eigenständige und im Wechselbetrieb stadteinwärts und stadtauswärts befahrbare Spur erhalten. Doch diese Busspur habe die gewohnten Fahrspuren für den Autoverkehr nur verschoben – abgesehen von ein paar Metern, die die Rechtsabbiegerspur in die Villastraße gekürzt worden sei, um sie zu einer regulären Fahrspur für Autos zu machen. Kritiker verweisen darauf, dass es nicht nur um ein paar Meter geht. Vielmehr um ein langes Stück zwischen der Tankstelle bei der Schwabengarage und der Villastraße. Die Wegnahme der Abbiegespur verdichte den Autoverkehr auf den Fahrspuren in Richtung Bad Cannstatt. Die Gefahr von Staus nehme zu.

Hätte die SSB die 2,5 Millionen Euro nicht besser in den Ausbau der Stadtbahnhaltestellen für die U1 gesteckt, damit dort längere Züge fahren können? Hat sie diesen Ausbau nur verpennt?

„Den Vorwurf würde ich überhaupt nicht akzeptieren“, sagt SSB-Vorstand Arnold da. „Der Infrastrukturausbau ist nicht überall gleichzeitig möglich.“ Die neue U12, die Verlängerung der U6 und ein neuer Betriebshof seien vorgegangen. Die Nachfrage auf der Linie U1 habe sich in den vergangenen Jahren „deutlich verändert“, das wolle man „so rasch wie möglich nachvollziehen“. Die Ertüchtigung brauche Zeit. Der Ausbau der Bahnsteige sei – Stichwort Bihlplatz in Heslach oder Lutherkirche in Fellbach – im gegebenen Umfeld nicht einfach. Die Expressbuslinie soll hier, sagt auch der Oberbürgermeister und SSB-Aufsichtsratsvorsitzende Fritz Kuhn (Grüne) die Linie U1 bis Mitte des kommenden Jahrzehnts entlasten.

Wie steht es um die Umweltfreundlichkeit der Busse auf der Linie X1?

Für die Fahrten auf der X1 hat die SSB ihre Flotte um zehn spezielle Busse erweitert. Darunter sind fünf Hybrid-Gelenkbusse von Volvo mit einer Batterie, die Geofencing ermöglicht: Auf bestimmten Streckenabschnitten schaltet der Dieselmotor ab, der Bus fährt dann rein elektrisch. Daneben gibt es fünf Citaro G Hybrid-Busse von der Daimler-Tochter EvoBus. Das sind Kompakthybridbusse. Bei ihnen ist zwischen Motor und Automatikgetriebe ein Elektromotor platziert, der in den Rekuperationsphasen als Generator arbeitet, also Strom erzeugt.

Soll es weitere Innovationen geben?

Ja. 2019 erwartet die SSB den ersten vollelektrischen Gelenkbus für diese Linie, 2020 sollen bis zu vier Fahrzeuge dieser Art eingesetzt werden. Etwa ab 2021 will die SSB Fahrzeuge benützen, in denen eine Brennstoffzelle mit Wasserstoff Strom erzeugt, die Batterie nachlädt und so die Reichweite erhöht – und auch dies in großen Gelenkbussen. „Wir wollen so zeigen, wohin die Entwicklung bei den innovativen Antriebssystemen in Gelenkbussen stufenweise führen muss“, sagt Arnold. Beim Projekt X1 habe man überdies modellhaft „den ganzen Instrumentenkasten“ ausgepackt, um die Beschleunigung de Busverkehrs durchzuspielen, der sich seine Wege immer mit dem Individualverkehren teilen müsse – auch im staugeplagten Stuttgart.