Danny Reinke gilt in der deutschen Modeszene als Hoffnungsträger. Für ihn sind ökologisches Bewusstsein und mondäner Glamour kein Widerspruch. Am Eröffnungstag der Berliner Fashion Week zeigt er seine neue Kollektion mit dem vielversprechenden Namen „Secret Desire“.

Berlin - Vom 17. bis zum 19. Januar trifft sich die Modeszene bei der Fashion Week in Berlin. Der Nachwuchsdesigner Danny Reinke ist zum ersten Mal mit von der Partie. 2014 machte der 24-Jährige mit seiner Abschlusskollektion an der Akademie für Mode und Design Hannover („Fahmoda“) „MÖN 1.0“ auf sich aufmerksam. Diese war inspiriert vom aussterbenden Fischereihandwerk seiner Heimat Mönkebude am Stettiner Haff. Dafür gewann er den „European Fashion Award“. Ihm ist es wichtig, mit seiner Mode Geschichten zu erzählen und seine Kreationen möglichst nachhaltig und umweltbewusst zu gestalten. Im Interview gibt er Einblicke in sein Handwerk und seine Herkunft, sinniert über Trends in der Modebranche und Berlin als Modestandort.

 
Herr Reinke, Sie zeigen am Eröffnungstag der Fashion Week in Berlin Ihre aktuelle Kollektion „Secret Desire“. Was steckt hinter dem vielsagenden Titel?
Die Kollektion thematisiert geheime Wünsche, innere Gelüste, die man lieber für sich behält beziehungsweise bei denen man sich nicht traut, sie auszuleben. Es wird eine Installation im Sinne des Garten Eden geben anstelle einer Laufsteg-Präsentation. Die dominierende Farbe ist Rot, in allen Schattierungen. Männliche, kastige Schnitte kombiniere ich mit weichfließenden, seidigen Stoffen, viel Tüll und Samt. Diesmal ist es eine reine Damenkollektion.
Bisher haben sie sowohl Damen- als auch Herrenmode gemacht. Das ist ungewöhnlich in der Modebranche. Was versprechen Sie sich davon?
Ich finde den Mix einfach interessant. Innerhalb meines Studiums lag der Schwerpunkt auf der Damenmode, daher habe ich mich für meine Abschlusskollektion bewusst für eine gemischte entschieden. Männermode ist immer mehr im Kommen und wird experimenteller. Der Trend geht insgesamt dahin, die Kollektionen zu mixen, auch bei den Shows. Große Labels wie Gucci, Kenzo oder Calvin Klein machen das bereits so.
Für Ihre preisgekrönte Abschlusskollektion „MÖN 1.0“ haben Sie sich von der deutschen Fischereikultur an der Ostseeküste inspirieren lassen. Denn wenn es nach Ihrer Familientradition ginge, hätten Sie eigentlich Fischer werden sollen.
Ja, mein Papa ist Fischer, mein Opa war Fischer, mein Onkel ist Fischer und so weiter. Ich bin aus der Familientradition ausgebrochen, für mich stand es nie zur Debatte, diesen Beruf zu ergreifen. Deshalb wollte ich auch gerne diese Statement-Kollektion machen. Ich bin schon ein bisschen traurig, dass unsere Familientradition mit mir zu Ende geht, daher wollte ich sie auf meine Art und Weise weiterführen und durch meine Mode auf den aussterbenden Beruf aufmerksam machen. „MÖN 1.0“ ist der Name des Fischerboots meines Vaters.
Pullover aus geknotenen Seilen oder Mäntel mit integrierten Rettungswesten – auf solche Kreationen muss man erst mal kommen! Haben Sie familiäre Fachberatung bekommen?
Nein, das ist hauptsächlich aus mir heraus gekommen. Aber die Recherche wurde mir teilweise erleichtert, da ich mir die Fischer und ihre Bekleidung aus nächster Nähe ansehen konnte und auf dem Dachboden meines Großvaters stöbern konnte. Dort habe ich zum Beispiel ein uraltes Tau gefunden, von dessen schöner Struktur ich fasziniert war und das mich auf die Idee brachte, es mit speziellen Knoten in einem Pullover zu integrieren. Auch die alte, verstaubte Schwimmweste für die Mantelkreation habe ich dort gefunden.
Welche Modedesigner inspirieren Sie?
Seit dem Studium begeistern mich zwei große Designer: Alexander McQueen und John Galliano. Ich bin fasziniert von deren Shows, ihrer Mode, ihren Persönlichkeiten. Aber auch Persönlichkeiten wie Hedi Slimane oder Raf Simmons finde ich sehr interessant.
Sie experimentieren mit neuen Materialien und legen Wert auf Nachhaltigkeit. Warum ist Ihnen das wichtig?
Mir gefällt die Mentalität „Hauptsache billig und viel“, die in Deutschland stark ausgeprägt ist, nicht. Ich sehe aber Potenzial, das sich das langsam wandelt. Es gibt immer mehr Menschen, die auf hochwertige und gut verarbeitete Kleidungsstücke zu realistischen Preisen setzen, die unter fairen Bedingungen entstanden sind.
In der Modebranche wird viel über Nachhaltigkeit und neue Herstellungmethoden diskutiert. Wird es in der Zukunft Mode für alle aus dem 3-D-Drucker geben?
Kleidungsstücke, die mit dem 3-D-Drucker hergestellt werden, sind ja aus Plastik und daher nicht wirklich alltagstauglich. Bisher ist das ein Laufsteg-Trend, der sich vielleicht – bei entsprechender technischer Weiterentwicklung – auch weiter durchsetzen wird. Momentan sehe ich eher einen Trend dahingehend, dass Rohstoffe wie Milch- oder Bambusfaser für die Materialentwicklung entdeckt werden.
New York, London, Paris, Mailand, – Berlin? Kann man das aus Modesicht inzwischen in einem Atemzug sagen? Oder gilt die Stadt nach wie vor als Außenseiter in der Modeszene?
Berlin hat so viel Potenzial, so viele tolle Designer! Ich denke, es ist eher ein gesellschaftliches Thema, warum die Modeszene hier nicht so groß ist wie etwa in New York oder London. Mode gehört in Deutschland leider noch nicht so alltäglich zur Kultur wie in anderen Ländern. Ich freue mich jedenfalls riesig, zum ersten Mal auf der Fashion Week die deutsche Modesszene repräsentieren zu dürfen – sie steht der internationalen in keiner Weise nach. Es geht eher um die Wertschätzung im eigenen Land.