Fahrradboxen oder gleich ganze „Radhäuser“ gibt es immer häufiger. Dort sind die Gefährte gut verwahrt.

Altkreis - Zwei hochwertige E-Bikes werden aus einem Fahrradgeschäft in Renningen gestohlen, in einem Gesamtwert von mehr als 10 000 Euro. Das ist erst wenige Tage her (wir berichteten). Auch an Bahnhöfen ist das keine Seltenheit. „Einem Bekannten ist es selbst schon passiert, der mit dem Rad zwischen Bahnhof und der Arbeit am Ihinger Hof gependelt ist“, erzählt Hans-Joachim Jäckel vom ADFC Renningen. Eines Tages war das gute Stück einfach verschwunden. Bei Gefährten mit vierstelligem statt zwei- oder dreistelligen Wert ist das noch einmal umso ärgerlicher.

 

In einigen Kommunen gibt es deshalb immer häufiger Fahrradboxen an den Bahnhöfen, die die Bürger mieten können, um ihre Gefährte sicher zu verwahren, während sie beispielsweise auf der Arbeit sind. In Weil der Stadt gibt es solche Boxen zum Beispiel bereits seit 2003, in Höfingen seit 2007. Renningen und Malmsheim sind seit 2015 dabei – und die Zahl der Boxen und Angebote wächst, nicht nur in diesen drei Kommunen.

ADFC macht sich stark

In Renningen ging die Initiative für die Boxen vom örtlichen ADFC aus. Der passionierte Radfahrer Hans-Joachim Jäckel ging mit seinem Anliegen auf die Verwaltung zu. Im Gemeinderat sei man zunächst skeptisch gewesen und fragte sich, ob der Bedarf überhaupt da sei, berichtet Jäckel. „Ich fertigte Flyer an und heftete sie an Fahrräder, die in Malmsheim beim Bahnhof abgestellt waren.“ Die Resonanz war positiv. Doch der politische Prozess zog sich noch eine Weile hin, und so dauerte es noch ein paar Jahre, bis die ersten Boxen aufgestellt wurden.

Ende gut, alles gut? Noch nicht ganz. Nach der langen Zeit waren die Interessenten von einst zum Teil gar nicht mehr da, weil sie zum Beispiel den Arbeitsplatz gewechselt hatten oder umgezogen waren. „Ich weiß noch, wie unser Erster Beigeordneter sagte, die Stadt habe Geld in den Sand gesetzt, weil die Boxen nicht sofort vermietet werden konnten.“ Ein solches Zitat kann im Rathaus auf Nachfrage zwar niemand bestätigen. Tatsächlich lief das Projekt aber erst schleppend an, bis die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt wurde. Stand heute hat die Stadt Renningen an den Bahnhöfen zusammen fast 40 Boxen, und alle sind restlos belegt. Nicht nur das: Es gibt sogar Wartelisten.

„Allgemein werden die Fahrradboxen beliebter“, weiß Hans-Joachim Jäckel, „weil es immer mehr teure Räder gibt.“ Vor allem die immer häufiger genutzten E-Bikes gehen ans Geld. Neue Fahrzeuge können es, je nach Modell, gut mit einem Gebrauchtwagen aufnehmen, was die Kosten betrifft. Gerade am Bahnhof Renningen Süd sei es ihm schon öfters begegnet, so Jäckel, dass Fahrräder gestohlen wurden. „Wenn einem das mal passiert ist, dann überlegt man es sich natürlich genau, ob man sich nicht lieber so eine Box nimmt.“

Ob er die Zahl der Boxen in der Umgebung für ausreichend hält, kann er schwer beantworten. „Man muss aber auch sagen: Fahrradpolitik ist immer Angebotspolitik.“ Umfragen und Hochrechnungen könne man viele beauftragen. Die Erfahrung aber zeige: Wenn es irgendwo ein gutes Angebot gibt, dann werde es auch genutzt.

Wie sieht es in anderen Kommunen aus?

Exakt gibt es in Renningen derzeit 37 Fahrradboxen, am Malmsheimer Bahnhof und in der Industriestraße seit 2015, am Bahnhof Renningen kamen 2019 weitere hinzu. Für die Zukunft sind noch mehr geplant, und zwar am Bahnhof Malmsheim (Calwer Straße). Und wie sieht es in Leonberg und Weil der Stadt aus?

Die Stadt Weil der Stadt jedenfalls war „bei der Entscheidung, die Boxen im Jahr 2003 einzuführen, in jedem Fall fortschrittlich und ihrer Zeit voraus“, berichtet der Stadtkämmerer Ulrich Knoblauch. Dem Entschluss ging eine Umfrage der Stadt unter potenziellen Nutzern voraus, „die eine sehr gute Resonanz gebracht hat. Dem Gemeinderat wurde die Entscheidung aber auch dadurch erleichtert, dass es damals ein Landesprogramm gab, mit dem die Schaffung solcher ,Bike&Ride-Anlagen‘ gefördert wurde.“ Heute hat die Stadt um die 30 Boxen rund um den Bahnhof – auch hier bestehen lange Wartelisten. Wenn das Bahnhofsumfeld im Zuge der Hermann-Hesse-Bahn umgebaut wird, wird es weitere Boxen geben.

In Leonberg ist die Anzahl recht gering – nur vier gibt es in Höfingen, keine in Leonberg. Das hat aber einen Grund: In Leonberg standen bereits ein paar Fahrradboxen, sie wurden mittlerweile aber wieder abgebaut, da der Gemeinderat 2018 beschlossen hat, stattdessen ein sogenanntes Radhaus zu bauen, das Platz für insgesamt 52 Räder bieten soll, erklärt der Sprecher der Stadt, Tom Kleinfeld. „Das Radhaus soll im Mai dieses Jahres eröffnet werden.“ Neben den Stellplätzen wird es dort eine Schließfachanlage geben, in die auch Ladefunktionen für E-Bikes und Pedelecs integriert sind.

In Rutesheim gibt es bislang keine individuellen Fahrradboxen. Dafür hat die Stadt gemeinsam mit der Friolzheimer Firma Otto Wöhr vor drei Jahren den „Bikesafe“ eröffnet – ein vollautomatisches Parkhaus für 122 Zweiräder am Rutesheimer Schulzentrum. Da es sich dabei um ein Pilot- und Referenzprojekt für die Firma Wöhr handelt, musste die Stadt lediglich 38 000 Euro für Erd- und Anschlussarbeiten zahlen. Für die Schüler ist die Nutzung im Übrigen kostenlos. Die Plätze wurden an die schnellsten Antragsteller vergeben.