Die Auseinandersetzungen über die Dieselnutzung in Stuttgart werden vor Gericht weitergehen. Wir haben die wichtigsten Informationen zum Streit ums Fahrverbot zusammengestellt.

Stuttgart - Der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und Stuttgarter Anwalt Roland Kugler, der zwei Kläger vertritt, reicht die Entscheidung der Landesregierung zu Fahrverboten nicht aus. „Das Land missachtet eine höchstrichterliche Entscheidung und begeht vorsätzlich einen Gesetzesverstoß“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Weiterer Streit ist absehbar.

 

Was fordern die Kläger?

Die Umwelthilfe pocht auf ein Fahrverbot, welches Diesel bis einschließlich Euro 4 in ganz Stuttgart bereits ab Herbst 2018 verbietet. Nur eine solche Maßnahme bringe die geforderte schnellstmögliche Senkung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid. Anwohner in Stuttgart, wie nun geplant, bis zum 1. April 2019 zu verschonen sei „ein klarer Verstoß gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig“, so Resch.

Liegt die DUH mit ihrer Einschätzung richtig?

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte die DUH am 2. Juli bestärkt: Unterhalb von Euro 5 bedürfe es „keiner Übergangsfristen“. Eine extra Frist für Stuttgarter wäre ein Verstoß gegen die Vorgaben aus Leipzig. Dieser Verstoß würde „die Androhung des beantragten Zwangsgeldes rechtfertigen“.

Was liegt bei Gericht noch vor?

Das Land muss dem Gericht bis kommenden Montag seine Pläne vorstellen. Dieses entscheidet dann über die von den Klägern beantragten Zwangsgelder von je 10 000 Euro gegen das Land.

Einfach zahlen – ist das Land damit aus dem Schneider?

Nein. Anwalt Kugler, der in einem Vergleich eine Verkehrsminderung am Neckartor um 20 Prozent bei Feinstaubalarm-Luftwerten erreichte, fordert ein Zwangsgeld von 250 000 Euro und hilfsweise Zwangshaft für den Fall, dass das Land den Vergleich ignoriert. Auch die DUH will nachlegen. Beide Kläger stützten sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Eine absolut unwillige Behörde könne mit Zwangsmitteln aus der Zivilprozessordnung belegt werden, auch mit Haft.

Wie sicher ist, dass Euro-5-Diesel vom Verbot verschont bleiben?

Das ist unsicher. Der gesetzliche Grenzwert für Stickstoffdioxid liegt im Jahresmittel bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Ende Juni waren es am Neckartor 68,2 Mikrogramm. Eine Studie im Auftrag des Landes sagt Ende 2019 mit dem Euro-4-Fahrverbot noch 60 Mikrogramm voraus. Das wäre weit weg vom Grenzwert. Die Gefahr eines Verbots von Euro-5-Dieseln von 2020 an ist nicht gebannt. Die Leipziger Richter haben es ab dem 1. September 2019 stadtweit zugelassen.

Was sagen die Umweltverbände?

Der ökologische Verkehrsclub Deutschland betont, dass eine Wende hin zum öffentlichen Nahverkehr und Radwegen vorrangig sei. „In Stuttgart werden hingegen rückwärtsgewandt Kämpfe ausgetragen, wer wie lange mit seinem dreckigen Diesel fahren darf“, beklagt VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bezeichnet die Einigung der Koalition als „Meilenstein für saubere Luft“. In der Regierung setze sich „endlich die Erkenntnis durch, dass die Gesundheit der Bürger wichtiger ist als die freie Fahrt für dreckige Diesel“, sagt die Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender.

Was sagen Autohäuser und Werkstätten?

Obwohl die Fahrverbote sich zu einem Sonder-Konjunkturprogramm für die Autobranche entwickeln können, lehnt die Kfz-Innung sie ab. Die Stickstoffdioxidwerte nähmen ja stetig ab. „Fahrverbote für Stuttgarter Euro-4-Diesel machen genauso wenig Sinn wie für Euro 5“, so Obermeister Torsten Treiber. Er fordert von der Bundesregierung aber, dass es für Euro 5 eine Hardware-Nachrüstung geben müsse.

Und wie sieht es der ADAC?

Das Fahrverbot sei „wenig überraschend“, so Dieter Roßkopf, Vorstandschef in Württemberg. Für Euro-5-Diesel müsse die Bundesregierung die Nachrüstung zulassen, damit es kein Verbot für diese gebe.