Der CDU-Generalsekretär Manuel Hagel lässt den Vorwurf der Verbotspartei wieder aufflammen. Die Grünen kontern, Hagel agiere polemisch und populistisch.

Stuttgart - An den Fahrverboten und den Grenzwerten entzündet sich ein handfester Krach in der grün-schwarzen Koalition. Thekla Walker, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, bezeichnet Äußerungen von CDU-Generalsekretär Manuel Hagel als „polemisch und populistisch“ und verlangt, „dass die CDU zur Sacharbeit zurückkehrt“.

 

Manuel Hagel hatte im Vorfeld einer Tagung seiner Partei an diesem Wochenende gesagt, er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, „dass die Grünen „mitunter als politischer Arm der Deutschen Umwelthilfe (DUH) agieren“. Die DUH führe einen Feldzug gegen den Verbrennungsmotor in Baden-Württemberg, hatte Hagel der „Südwest Presse“ gesagt. Den Grünen warf Hagel gleichzeitig einen Hang zur Verbotskultur vor. „Sie wollen den Menschen vorschreiben, wie sie zu leben und sich zu bewegen haben“, hatte der Generalsekretär gesagt.

Walker klagt über „unsinnige Phrasen“

Das ist Thekla Walker, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, nun zu viel. „Man hat den Eindruck, dass Manuel Hagel entgangen ist, dass die CDU nicht Oppositions-, sondern Regierungspartei ist“, sagte sie unserer Zeitung. Hagel möge das als Teil seiner Stellenbeschreibung als Generalsekretär verstehen, so Walker, „aber die Häufung, mit der er uns als Koalitionspartner völlig unsachlich angeht, ist schon erstaunlich“.

Die Fraktionsvize hat nichts gegen Streit in der Sache oder konstruktive Kritik: „Aber es geht nicht, dass man in einer Koalition den Partner mit völlig unseriösen und auch unsinnigen Phrasen zu diskreditieren versucht“, wettert Walker. „Das ist eine Stilfrage.“

Auch der Generalsekretär einer Regierungspartei müsse sich mit den Inhalten sachlich auseinandersetzen. Dann, meint Walker, würde auch Hagel erkennen, dass seine Vorwürfe völlig haltlos sind. Die Anwürfe gegen den Koalitionspartner betrachtet die Grünen-Politikerin als eine „Panikreaktion“ und ein „Ablenkungsmanöver“. Die CDU befürchte wohl, dass die betrogenen Autofahrer die Partei für deren Versagen in der Vergangenheit abstrafen, sagte Walker mit Blick auf die bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen. Sie appellierte an die CDU, zur Sacharbeit zurückzukehren. „Die Leute erwarten von uns, dass wir uns nicht gegenseitig Vorwürfe machen, sondern dass wir Lösungen finden, die dringend gebraucht werden.“

Hagel wie auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart plädieren dafür, die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide auszusetzen, bis eindeutige wissenschaftliche Fakten vorlägen. Wenn die Grenzwerte nicht einwandfrei begründbar seien, seien Fahrverbote nicht zu rechtfertigen.

CDU will Grenzwerte aussetzen

Dagegen wendet sich Andreas Schwarz vom größeren Koalitionspartner. Der Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion betont: „Die EU-Grenzwerte für saubere Luft wurden nicht im Hinterzimmer ausgemauschelt: Sie basieren auf zahlreichen streng wissenschaftlichen Studien und Empfehlungen, die in Brüssel ausgewertet, ausgiebig diskutiert und dann festgelegt wurden.“ Dies sei übrigens unter Beteiligung der CDU-geführten Bundesregierung erfolgt, sagt er an die Adresse Reinharts. Dem pflichtet Walker ausdrücklich bei.

Schwarz verweist auf „einen breiten Konsens in der Forschung, dass Stickoxide schon im geringen Ausmaß schädlich sind“. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Außenluft solle eher verschärft werden. So gelte in Österreich seit 2012 ein Grenzwert von 35 Mikrogramm, in der Schweiz ein Jahresmittelwert von 30 Mikrogramm.

FDP kostet Konflikt aus

Die unterschiedlichen Positionen der Koalitionspartner kostet die FDP genüsslich aus. Ihr Fraktionschef im Landtag, Hans-Ulrich Rülke, lobt seinen CDU-Kollegen über den grünen Klee: „Reinhart liegt mit dem Einschwenken auf den FDP-Kurs zu den Stickoxidgrenzwerten goldrichtig.“ Jetzt müsse der CDU-Mann sich endlich von den Grünen emanzipieren. Rülke fordert: „Das flächendeckende Fahrverbot für ganz Stuttgart muss fallen. Wenn es Reinhart ernst mit dem Thema ist, muss er dies erreichen.“ Die Liberalen plädieren schon länger dafür, die Grenzwerte auf den Prüfstand zu stellen. Es sei allgemein bekannt, dass der Grenzwert von 40 Mikrogramm von der Weltgesundheitsorganisation nur geschätzt worden sei. Rülke spricht von „Scheinseriosität“ aufgrund deren sich der Grenzwert „ins Gesetzblatt geschlichen“ habe. Der FDP-Mann sagt: „Wir fordern Fakten statt Fahrverboten.“

Auch die Grünen wollen keine Fahrbeschränkungen, wie Schwarz betont, „sondern schnell für saubere Luft sorgen“. Er appelliert an die Autoindustrie, sie solle bei der Hardware-Nachrüstung endlich liefern.