Gegen den Rat seiner Anwälte verzichtet der ehemalige Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß, auf Rechtsmittel gegen das Urteil. Es ist seine Rückkehr zur Souveränität.

München - Uli Hoeneß ist zurück – nicht als Präsident, nicht als Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München. Diese Funktionen ist er los. Und doch ist der Hoeneß, den die Menschen für seine klaren, angstfreien Ansagen liebten, seit Freitag wieder da. Hoeneß nimmt die Gefängnisstrafe an, verzichtet auf Rechtsmittel und widersetzt sich damit dem Rat seiner Anwälte. In einer schriftlichen Erklärung hat er mitgeteilt, das Urteil des Landgerichts München II anzunehmen. Er habe seine Anwälte beauftragt, nicht gegen das Urteil in Revision zu gehen. „Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung“, schreibt er.

 

Hoeneß nimmt sein Schicksal wieder selbst in die Hand. Zuletzt war er der Entscheidung der Richter ausgeliefert, hat sich von der 5. Strafkammer des Landgerichts München II sagen lassen müssen, dass er gefälligst selbst Verantwortung für sein kriminelles Handeln übernehmen und nicht seinen Steuerberatern die Schuld geben soll. Er wurde von seinem eigenen Verteidiger, Hanns W. Feigen, angeblafft. Feigen schlug sogar auf den Tisch, um Hoeneß zu unterbrechen, damit sein Mandant dem Richter in seinem, in Feigens Sinne antwortet. Hoeneß’ Revisionsverzicht ist nun seine Rückkehr zur Souveränität. Die Verteidiger werden den Schritt bedauern, nicht nur aus finanziellen Interessen.

Hoeneß hat Rechtsgeschichte geschrieben

Hoeneß hat mit seiner 28,5-Millionen-Euro-Steuerschuld und seiner ungenügend zusammengeschusterten Selbstanzeige Geschichte geschrieben, Rechtsgeschichte. Nie zuvor hat ein Gericht entscheiden müssen, wie eine Steuerhinterziehung, die irgendwie selbst gestanden und in ihrem Geständnis dann doch gescheitert ist, zu bestrafen ist. Eine Selbstanzeige wirkt strafbefreiend. Eine gescheiterte Selbstanzeige führt ins Gefängnis. Größer kann die Schere nicht sein. Das Landgericht München II hat darauf die Antwort in einem maßvollen Urteil gegeben. Eine Überprüfung durch den Bundesgerichtshof (BGH) wäre juristisch so interessant wie wegweisend gewesen. Der Fall Hoeneß streift noch andere spannende Rechtsfragen. Auf eine hat Verteidiger Feigen im Plädoyer hingewiesen. Seiner Ansicht nach gilt die BGH-Entscheidung, wonach für eine Steuerhinterziehung ab einer Million Euro keine Bewährungsstrafe möglich ist, für Täter, die erwischt werden, nicht für solche, die sich selbst anzeigen. Und was ist mit solchen, die sich selbst anzeigen und dabei scheitern? Der zuständige 1.  Strafsenat am BGH hätte gern auf das Urteil geschaut und eine überdauernde Entscheidung zu der Frage getroffen, wie mit einer halb oder ganz unwirksamen Selbstanzeige umzugehen ist.

Die Staatsanwaltschaft will Anfang nächster Woche entscheiden

Doch wenn nach Hoeneß auch der Staatsanwalt auf Rechtsmittel verzichtet, wird es dazu nicht kommen. Eine Woche lang hat die Anklagebehörde Zeit, Revision einzulegen. Tut sie es, hat das Gericht das Urteil schriftlich vorzulegen. Mit Eingang des schriftlichen Urteils beginnt eine vierwöchige Frist für die Begründung der Revision. In dieser Zeit könnte die Staatsanwaltschaft das Revisionsbegehren noch zurückziehen. Der BGH nähme die Revision aufgrund des außergewöhnlichen Falles wohl an. Ein Urteil der Karlsruher Richter würde Monate dauern.

Für Hoeneß bedeutete dies weitere Nerven raubende Warterei mit ungewissem Ausgang. Er will sich dem nicht aussetzen. Verzichten Hoeneß und die Staatsanwaltschaft offiziell mit einem Schreiben ans Gericht auf Rechtsmittel, wird das Urteil umgehend rechtskräftig. Geht eine solche förmliche Erklärung bei der zuständigen Strafkammer nicht ein, verstreicht die Frist für ein Revisionsbegehren automatisch am 20. März um 24 Uhr. Das Urteil würde in dem Augenblick rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft will Anfang nächster Woche entscheiden, ob sie die erstinstanzliche Entscheidung anfechten will. Erwartet wird, dass sie es nicht tut.

In diesem Fall erhält Hoeneß in den nächsten Wochen die Ladung, sich in der Justizvollzugsanstalt – voraussichtlich Landsberg – einzufinden. Dreieinhalb Jahre wird er dort sicher nicht verbringen. Bei einem Ersttäter, der im Gefängnis nicht negativ auffällt, wird nach zwei Dritteln der Haftzeit der Rest der Strafe üblicherweise zur Bewährung ausgesetzt.