Ein Intensiv-Patient stirbt, weil der Akku seines Beatmungsgerätes leer ist, während das Personal sich beim Rauchen auf der Feuertreppe ausgeschlossen hat. Nun ist ein Pfleger wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen einen 52 Jahre alten Pfleger Anklage erhoben wegen fahrlässiger Tötung. Der Mann war im November des Vorjahres in einer Beatmungswohngemeinschaft in Stuttgart für die Betreuung eines 23 Jahre alten Patienten zuständig.

 

Der Betroffene, der seit seiner Kindheit an einer progressiven Muskeldystrophie litt, musste ständig beatmet werden. In der Zeit, als die Akku-Ladung seines Beatmungsgerätes sich dem Ende zuneigte, befand sich der Pfleger auf einer Feuertreppe außerhalb der Wohnung beim Rauchen. Als er merkte, dass er sich versehentlich ausgeschlossen hatte, war es bereits zu spät. Trotz der Wiederbelebung durch herbeigerufene Rettungskräfte verstarb der 23-jährige Patient zwei Wochen später in einem Krankenhaus an den Folgen des Sauerstoffmangels.

Thema der Berliner Politik

Die Eltern des Verstorbenen erhoffen sich bei der Verhandlung Mitte Oktober auch Klarheit darüber, ob in der Einrichtung Vorkehrungen für solche Notfälle getroffen wurden und ob das Personal entsprechend vorbereitet und ausgebildet war.

Der Vorgang fällt in eine politische Debatte über das Thema Beatmungspflege. Ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn, in dem es unter anderem auch um Qualitätsstandards geht, liegt vor. In einer Stellungnahme hat der Sozialverband VdK erklärt, in Beatmungs-WGs sei „sowohl die Versorgungsqualität als auch die Patientensicherheit nicht ausreichend abgesichert“. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte kürzlich: „Beatmungs-WGs sind derzeit Heime ohne Heimaufsicht.“

Starkes Wachstum der Branche

Die ambulante Intensivpflege wächst seit Jahren. Laut einer Studie gibt es mehr als 950 Intensiv- und Beatmungs-WGs mit etwa 5200 Plätzen. Die Kosten pro Patient betragen im Monat zwischen 15 000 und 20 000 Euro. Insgesamt leben in Deutschland rund 30 000 ambulante Beatmungspatienten.