Trickbetrüger am Telefon machen Millionengeschäfte mit der Masche der falschen Polizisten. Ein Fall in Möhringen endete für eine Tätergruppierung nun aber in einem kompletten Desaster.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Einer 67-jährigen Frau aus Möhringen sollten 30 000 Euro abgeluchst werden – doch nun ist eine Bande falscher Polizisten gesprengt. Das Besondere dabei: Es gingen auch die Chefs ins Netz. Aus dem türkischen Izmir kommt die Nachricht, dass letzte Woche eine Gruppierung festgenommen wurde, die für eine Vielzahl von Taten verantwortlich sein soll. Ein Privatdetektiv konnte bei einem Undercover-Einsatz sogar filmen, wie die Täter als vermeintliche Oberkommissare von Izmir aus die 67-jährige Möhringerin unter Druck setzten.

 

Der entscheidende Schlag nahm nach Informationen unserer Zeitung bereits am 7. Oktober 2019 seinen Anfang, als die 67-Jährige ihre Ersparnisse gegen 22.50 Uhr vor ihrer Haustür zur Übergabe bereitlegen sollte. Als ein 22-jähriger Kurier die Beute abholen wollte, griff die Polizei zu. Die Frau hatte sich auf Rat eines Bekannten zuvor bereits an die Polizei gewandt, und die Ermittlungsgruppe Pitfall organisierte zusammen mit dem Landeskriminalamt und dem Mobilen Einsatzkommando eine Falle.

Detektiv zeigt Drahtzieher beim Betrug

Für den durchschlagenden Erfolg allerdings sorgte der türkischstämmige Augsburger Privatermittler Tamer Bakiner, der sich im Auftrag des Fernsehsenders RTL zufällig zur gleichen Zeit in Izmir in eine Tätergruppe eingeschleust hatte. Er saß dort im Apartment der Trickbetrüger, als der Chef mit der 67-Jährigen telefonierte. Mit versteckter Kamera dokumentierte Bakiner, wie der Betrüger, mit nacktem Oberkörper und in Freizeithose auf einem Sofa lümmelnd, seinem Opfer Anweisungen gab. Der Film war diese Woche auf RTL in einer Sondersendung zu sehen.

Vergangene Woche, nach mehrmonatigen Ermittlungen, schlugen die türkischen Behörden zu. Angeblich sind neben den gefilmten Drahtziehern 45 Verdächtige festgenommen worden. „Wir haben von der Festnahme erfahren“, so ein Sprecher des Landeskriminalamts, „aber eine offizielle Bestätigung aus der Türkei liegt noch nicht vor.“

Werden die Haupttäter ausgeliefert?

Bei dem Haupttäter soll es sich um einen türkischen Staatsbürger handeln, der nach eigenen Angaben zuvor in Köln gelebt und wegen versuchten Totschlags vorbestraft sein soll. Ob die Izmir-Gang in Stuttgart vor Gericht kommt, ist unklar. „Wir legen hier ein Verfahren an und warten ab, wie die türkische Justiz damit umgeht“, sagt Staatsanwaltssprecher Heiner Römhild.

Nach der Razzia ist es hierzulande etwas ruhiger geworden. „Das ist auf fünf bis zehn Anzeigen täglich abgeflaut“, sagt Polizeisprecherin Monika Ackermann. Die Polizeipräsidien Ludwigsburg, Reutlingen und Aalen bestätigen auf Nachfrage, dass es derzeit „nicht mehr so massiv“ zugehe.