Die gesetzlich vorgeschriebene Straßenbreite von 3,05 Metern ist häufig mit parkenden Autos blockiert. Feuerwehr und Müllabfuhr kommen deswegen oft nicht durch.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Eigentlich hat es jeder, der einen Führerschein hat, mal gelernt: Wer sein Auto abstellt, muss dafür sorgen, dass es den Verkehr nicht behindert. Es gilt ferner, eine bestimmte Straßenbreite freizuhalten, das sind mindestens 3,05 Meter. Doch häufig wird diese Regel ignoriert, was im Ernstfall gefährlich werden kann. Dann nämlich, wenn Rettungsfahrzeuge nicht durchkommen. Im Alltag trifft es aber die Fahrer der Müllabfuhr und Lastwagenfahrer im Lieferverkehr häufiger als die Rettungskräfte.

 

Was aber passiert, wenn man beim Versuch, die Straße freizuhalten, eine andere Regel bricht? Das hat ein Möhringer erlebt, der sein Auto an der vollgeparkten und schmalen Unteraicher Straße abstellte. Der Anwohner hat es gut gemeint, und dennoch bekam er einen Strafzettel. Er stellte seinen Kleinwagen mit zwei Rädern auf den Gehweg, um die schmale Straße nicht noch weiter zu beengen. Deswegen erhielt der Anwohner einen Strafzettel. Das sah er nicht ein, legte Beschwerde und eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Das Bußgeld hat er bezahlt. Der Protest wird nichts bringen. Denn auch das Parken auf dem Gehweg sei eindeutig verboten, sagt Edgar Riester vom Amt für öffentliche Ordnung.

Die Durchfahrtsbreite beträgt 3,05 Meter

Das Problem, das die Anwohner der Unteraicher Straße haben, kennen Stuttgarter an vielen Ecken der Stadt. Es passiere immer wieder, dass ein Löschfahrzeug nicht durch eine Engstelle fahren könne, an der rechts und links Autos stehen, bestätigt die Feuerwehr. Deren Fahrzeuge sind wie Lastwagen 2,55 Meter breit. Rechts und links je 25 Zentimeter Abstand ergeben die Durchfahrtsbreite von 3,05 Metern. „Das reicht gerade so, auch mit ein paar Zentimetern weniger kommen wir noch klar“, so Markus Hauser von der Stuttgarter Feuerwehr. Im Notfall würde die Feuerwehr nicht erst den Abschleppdienst rufen, wenn sie mit dem Wagen nicht durchkommt, sondern mit der Ausrüstung zum nächstgelegenen Hydranten laufen. Besonders im Westen und Süden kennen die Rettungskräfte das Problem. „Wenn das Feuer aus ist, ruft man die Polizei, und die lässt abschleppen. Der Einsatz hat Vorrang“, so Hauser. Ein Auto mit dem Einsatzfahrzeug wegzuschieben komme nicht infrage. Man nehme es höchstens in Kauf, dass ein Rückspiegel beschädigt werde, „aber da muss die Verhältnismäßigkeit in jedem einzelnen Fall genau abgewogen werden“, sagt der Sprecher der Feuerwehr.

Auch bei der Müllabfuhr kann man ein Lied davon singen, wie oft es kein Durchkommen gibt. „Die Probleme treten täglich in nahezu allen Stadtteilen auf“, sagt Tanja Kiper, die Sprecherin des städtischen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWS). Dagegen startete die AWS vor vier Jahren eine Kampagne, mit der sie für mehr Rücksicht warb. „Leider hatte das nur eine kurzfristige Wirkung“, sagt Kiper. Stellen, an denen man wegen der geparkten Autos nicht durchkomme, müssten die Mitarbeiter manchmal zwei bis drei Mal anfahren. Auch müssten sie die Müllbehälter zum Fahrzeug bringen, um sie zu leeren. Im Zuge der Werbeaktion haben die Fachleute der AWS ausgerechnet, dass solche Extrafahrten pro Jahr mit mehr als einer Million Euro zu Buche schlagen würden.

Schilderwald ist nicht erwünscht

Der Vollzugsdienst habe „immer mal wieder“ ein Auge darauf, ob die Mindestbreite eingehalten sei, sagt Edgar Riester. Ein Parkverbot, wie es Anwohner der Unteraicher Straße akzeptieren würden, sei in den seltensten Fällen eine Lösung, die das Amt anstrebe. „Die Regeln sind klar: Man muss 3,05 Meter Platz lassen, und auf dem Gehweg darf man nicht parken“, sagt Riester. Der Mitarbeiter habe einen Ermessensspielraum, was beide Regeln betrifft. Letztlich würde aber die Straßenverkehrsordnung gelten. „Verbote ausschildern dürfen wir nur dort, wo es dringend erforderlich ist. Wir wollen einen Schilderwald verhindern“, sagt er. An eine Ausnahme erinnert er sich: In der Eierstraße habe man kapituliert und Schilder aufgestellt. Die Polizei sei verzweifelt, wenn dort ein Lastwagen steckenblieb. „Sie sollte dann klären, wer zuletzt geparkt hatte und damit die Engstelle verursacht hatte“, sagt Riester über den Streit vor mehr als 30 Jahren.

Was den Möhringer Anwohner in der Unteraicher Straße stört, beobachten auch viele andere Stuttgarter. Andreas Rometsch hat uns das Foto von den eingekeilt wirkenden Feuerwehrfahrzeugen in der Mittenfeldgasse in Giebel geschickt (siehe unten). Wolfgang Singer hat vor Kurzem beobachtet, wie sich ein Rettungswagen am Oberdorfplatz bei der Martinskirche in Möhringen zwischen geparkten Autos durchschlängeln musste. Silvia Cunha Bauer meldet über Facebook, dass man in der Ötztalerstraße in Untertürkheim das Problem kenne: Dort sei der Müll einer Kindertagesstätte wegen der zugeparkten Straße manchmal schon stehen geblieben.