Dass im Schwarzwald guter Gin gebrannt wird, ist spätestens seit der Erfolgsstory von Monkey 47 bekannt. Doch jetzt ergattert eine kleine Familien-Brennerei im Renchtal hohe internationale Preise.

Bad Peterstal-Griesbach - Die Brennblase hat eine satte Kupferfarbe und fasst gerade mal 150 Liter, kein großes Ding also. Auch ansonsten macht die Boar Destillery in Bad Peterstal im Schwarzwald einen bescheidenen Eindruck. „Wir sind ein Handwerksbetrieb“, sagt Hannes Schmidt, einer der drei Inhaber. Vor einigen Jahren hat das Trio mit dem Wacholderschnaps begonnen. Lediglich neun Mitarbeiter hat der Betrieb heute alles in allem. Fast könnte man sagen, das Unternehmen steckt noch in den Kinderschuhen – es gewinnt aber bereits weltweit Auszeichnungen.

 

Bei den Global Spirits Awards in Las Vegas etwa setzte sich das Getränk aus dem Renchtal 2017 gegen große Marken durch und wurde zur besten klaren Spirituose gekürt. Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) rief den Tropfen 2018 zum besten Gin Deutschlands aus. Bei der Frankfurt International Spirits Trophy eroberten die Brenner aus Bad Peterstal den Titel des besten internationalen London Dry Gin. Und zuletzt wurde Boar Gin beim Internationalen Spirituosen-Wettbewerb zum „Gin des Jahres 2019“ gewählt.

Monkey 47 heizte den Hype an

Hannes Schmidt ist 43 Jahre alt, er trägt Pullover und offenes Hemd und wirkt eher wie ein Student. Das Abenteuer Gin der drei Männer, neben Schmidt Torsten Boschert (39) und Markus Kessler (34), begann 2014. Über sechs Generationen und 175 Jahre lang hatte die Familie Kessler Obstschnäpse in Bad Peterstal gebrannt, doch der Betrieb bot keine Perspektive mehr. Die drei Kumpel, die sich schon aus der Schulzeit und vom Musikverein kannten, entschlossen sich, den Betrieb neu auszurichten. „Wir mussten uns etwas einfallen lassen“, blickt Schmidt zurück.

In Deutschland hatte damals gerade die Gin-Welle begonnen. Nicht zuletzt die Black Forest Distillers im nahe gelegenen Loßburg hatte mit dem Monkey 47 den Hype angeheizt. Die drei Freunde aus Bad Peterstal setzten auf den Trend und machten sich ans Tüfteln und Experimentieren. „Zunächst hatten wir ja nur ein altes, kleines Brennhäuschen“, blickt Schmidt zurück. „Wir hatten viele schlaflose Nächte.“

Der Name Boar, die englische Bezeichnung für das männliche Wildschwein, spielt auf die äußerst seltenen Schwarzwald-Trüffel an, mit dem der Schnaps harmonisiert wird. Der Wacholder, der den typischen Gingeschmack schafft, kommt nicht nur aus dem Schwarzwald, sondern teilweise aus Slowenien und aus der Toskana, „da hat es einfach mehr Sonne – und die verleiht ihm die Süße“. Das eigentliche Geheimnis aber sind die 18 Botanicals, die zugesetzt werden. Dazu gehören unter anderem Lavendel, Zitrusschale, Rosenblüten, Fenchel und Rosmarin.

1000 Brennereien im Umkreis von 15 Kilometer

Schnapsbrennen hat im Renchtal Tradition, dort gibt es in einem Umkreis von nur 15 Kilometer rund 1000 Brennereien - angeblich die höchste Dichte in Europa. Die meisten der Klein- und Großbrennereien verarbeiten Obst; vier Unternehmen brennen Gin.

Wer heute in einer Bar einen Gin Tonic bestellt, kann häufig zwischen einem Dutzend Gin-Sorten wählen. Allein in Baden-Württemberg gibt es rund 10 000 Obstbrennereien – von denen rund 320 zusätzlich Gin herstellen, so Isabel Kling aus dem Stuttgarter Landwirtschaftsministerium.

Allerdings: Noch beträgt der Anteil von Gin, Genever und Wacholder am bundesweiten Schnapsangebot 2018 nicht einmal drei Prozent, so der Bundesverband der deutschen Spirituosen-Industrie. Zum Vergleich: Wodka rund 18, Liköre 28 Prozent. Zwar sei die Tendenz beim Gin stark steigend, doch nach wie vor kann man eher von einem Nischenprodukt sprechen.