In einem Bauernhaus eines südwestfranzösischen Dorfes hat die Polizei einen grausigen Fund gemacht. In dem Haus lebt ein Paar mit zwei Teenagertöchtern. Die Eltern befinden sich in Behördengewahrsam.

Stuttgart - Die Bestürzung über das Verbrechen ist noch immer erheblich größer als das Wissen, wie es sich zugetragen hat. Fünf tote Babys sind in einem Einfamilienhaus des südwestfranzösischen Dorfes Louchats entdeckt worden. Der 40-jährige Familienvater, der am Donnerstagmorgen die erste Leiche in einer Kühltasche gefunden und die Behörden verständigt hatte, verbrachte den Freitag in Polizeigewahrsam. Seine 35-jährige Lebensgefährtin, die eingeräumt hat, am Dienstag zu Hause entbunden zu haben, ist ins Universitätskrankenhaus von Bordeaux eingewiesen worden. Sie soll dort gynäkologisch und psychiatrisch untersucht werden. Der in der Kühltasche gefundene Leichnam sowie vier weitere von der Polizei später in einem Gefrierschrank entdeckte tote Babys werden noch obduziert. Die Gerichtsmedizin soll klären, ob das Paar die Eltern der toten Kinder sind und ob die Säuglinge zum Zeitpunkt der Geburt lebensfähig waren.

 

Die Töchter sind 13 und 15 Jahre alt

Der Bürgermeister der 700 Einwohner zählenden, südlich von Bordeaux gelegenen Gemeinde, zeigte sich am Freitag fassungslos. Die Betroffenen, er Landwirt, sie Arbeiterin in einer Baumschule, sowie zwei Töchter im Alter von 13 und 15 Jahren, seien „arbeitsame und angenehme Leute“, sagte Philippe Carrère. Nachbarn äußerten sich im Rundfunk ähnlich; sie sprachen von „netten Menschen“. Von einer Schwangerschaft der Frau wollen die Mitbürger nichts bemerkt haben.

Die Wissenschaft vermag zum Verständnis von Kindstötungen wenig beizutragen. Als gesichert gilt, dass nur ein Bruchteil der Taten an die Öffentlichkeit dringt. Die am Nationalen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung arbeitende Kinderärztin Anne Tursz hat in einer 2010 unter dem Titel „Die Vergessenen“ erschienenen Untersuchung nachgewiesen, dass in Frankreich zwischen 1996 und 2000 mindestens 27 Neugeborene getötet wurden. Die Statistik weist für den gleichen Zeitraum fünf Kindstötungen aus.

Kindstötungen gibt es immer wieder

Wie das Ausmaß der Verbrechen liegt auch das Motiv weitgehend im Dunkeln. Die häufig als Hauptursache genannte Leugnung einer Schwangerschaft spielt offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Sicherlich gibt es das psychische Phänomen, dass werdende Mütter bis zum Tag der Entbindung nicht bemerken, dass sie schwanger sind. Die meisten wegen Kindstötung belangten Mütter haben indes zu Protokoll gegeben, sie hätten gewusst, dass sie schwanger gewesen seien.

Bekannt ist immerhin das sozialtypische Profil der Täterinnen. Die meisten haben wenig Zuneigung erfahren, stehen dem Leben eher passiv gegenüber, wähnen sich in der Pflicht, ihren Mitmenschen ständig zur Verfügung zu stehen.