Die Corona-Krise stellt das Leben der Menschen auf den Kopf. Kinder dürfen nicht in die Schule. Eltern arbeiten im Homeoffice. Wie erleben das die Schneiders?

Stuttgart - Sprachdozentin Elida (38) und ihr Mann, Bauleiter Peter Schneider (53), gehen bereits seit mehr als einer Woche nicht mehr zur Arbeit. Elida Schneider wurde von ihrem Arbeitgeber bis auf weiteres für fünf Wochen frei gestellt – ohne Lohnfortzahlung, ihr Mann Peter ins Homeoffice geschickt. Der 53-Jährige: „Unsere Büros sind nur noch mit einer Person besetzt, die anderen arbeiten auch zu Hause“. Für die beiden Kinder, Annika (8) und Robert (9), fällt die Schule aus. Die beiden nehmen ’s gelassen. „Klar, ich vermisse meine Freunde in der Schule, die Schule selbst findet jetzt zu Hause statt“, sagt Robert. Und seine kleine Schwester vermisst vor allem „die Klassenlehrerin“ und natürlich die „anderen Mädchen aus der zweiten Klasse“.

 

Nachdem klar war, dass Elida Schneider im Beruf fünf Wochen unentgeltlich aussetzen muss, haben sie und ihr Mann sofort den Auftrag beim Polsterer storniert. Elida Schneider: „Wir wollen unsere Stühle neu beziehen lassen, haben das jetzt aber zurückgestellt, weil wir nicht wissen, wie lange sich mein Verdienstausfall noch hinzieht.

Um 10 Uhr startet die Arbeit im Homeoffice

Im Alltag der vierköpfigen Familie hat sich durch die neue Situation einiges verändert: manches zum Bessern, anderes zum Schlechteren. Vor Corona hat sich der Ingenieur nach einem schnellen Frühstück ins Büro oder auf die Baustelle verabschiedet, für Annika und Robert ging’s ruckzuck in die Schule. Da gab’s oft Hektik. „Jetzt lassen wir uns mit dem Frühstück Zeit und beginnen den Tag viel entspannter“, sagt Peter Schneider. Einkäufe, die er sonst am Wochenende in überfüllten Supermärkten erledigt hat, macht er jetzt vor dem Frühstück, wenn noch nicht viel los in den Lebensmittelgeschäften ist – und bringt die Brötchen mit. Um 10 Uhr beginnt sein Arbeitstag zu Hause. An diesem Tag war von 10 bis 12 Uhr Telefonkonferenz. Doch wie soll man als Bauleiter, der vor Ort nach dem Rechten sehen muss, am Schreibtisch arbeiten? Schneider: „Wir sind derzeit bei einem Projekt in der Bauplanung. Da geht das ganz gut“. Einen Strich macht ihm allerdings öfter mal die Technik durch die Rechnung: „Da murkse ich dann manchmal eine Stunde am Computer rum, bis eine Verbindung steht“, sagt er – und sieht es aber auch ein Stück weit positiv: „Das ist für uns alle ein Lernprozess, von dem wir auch profitieren können“, ist er überzeugt.

Der Papa macht das Spielzimmer zum Büro

Annika und Robert fühlen sich im Moment nicht als Profiteure der Situation: Der Papa hat sein Arbeitszimmer in ihrem Spielzimmer eingerichtet und seinen Laptop an den größeren Bildschirm ihres Computers angeschlossen. „Da gibt’s schon Konflikte und lange Gesichter bei den Kindern“, stellt ihre Mutter fest. Sie legt konsequent Wert darauf, dass auch für Annika und Robert der Arbeitstag um 10 Uhr beginnt: Am Montag vor der Schulschließung hat sie einen Teil der Hausaufgaben für die Kinder in der Schule abgeholt, teilweise werden die Hausaufgaben auch per E-Mail geschickt. „Weil der Papa das Spielzimmer belegt, arbeiten die beiden am großen Esstisch und rufen mich, wenn sie Hilfe brauchen.“ Da die Kinder nicht mehr ihren Sportunterricht gehen – Robert geht normalerweise drei Mal pro Woche zum Hockey-Training und Annika einmal zum Taekwondo – und die Spielplätze No go Area sind, hat die 38-Jährige in ihren Heimunterricht Sport integriert. „Hampelmann, Kniebeugen, Dehnübungen, damit die Kinder ihre überschüssige Energie loswerden.“ „Da sollte ich mitmachen“, sagt ihr Mann und schaut an sich runter. Da er seit Corona regelmäßig mit der Familie isst, fürchtet er, zuzulegen- „so ganz ohne Training im Fitnessstudio“. Bewegung an der Luft: Da sind die Eltern nicht ganz einer Meinung. Während Peter Schneider dafür plädiert, mit den Kindern raus, an wenig belebte Orte zu gehen, ist seine Frau fürs drinnen bleiben. Die Diskussion ist noch nicht ganz ausgestanden.

Der Fernseher spielt noch keine Rolle

Elida Scheiders große Sorge, dass Annika und Robert den ganzen Tag fernsehen wollen, hat sich bislang erübrigt: „Wir haben zusammen aufgeräumt, die Wohnung geputzt. Dazu, Spiele zu spielen, sind wir noch gar nicht gekommen“, sagt sie. Die 38-Jährige weiß aber auch, dass es immer schwieriger wird, je länger die Krise dauert. „Und Alleinerziehende, die im Homeoffice arbeiten, sind jetzt schon am Limit“, weiß sie aus ihrem Bekanntenkreis und stellt fest, dass es jetzt ums Durchhalten geht. Und wenn sich die Einschränkungen sehr viel länger hinziehen? Peter und Elida Schneider schauen sich an, zucken die Schultern und sind sich einig: Das wird hart. Den Opa können sie schon jetzt nicht mehr besuchen.