Der US-Präsident beendet die Trennung von Flüchtlingsfamilien - die werden künftig gemeinsam in Lager gesperrt. Zugleich kündigte er an, die „Null-Toleranz“-Politik bleibe bestehen. Kritiker sprechen von einem „erbärmlichen Akt der Grausamkeit“

New York - Sie kommen in der Nacht mit einer Plastiktüte in der Hand und einer „Fremden-Nummer“. Frisch getrennt von ihren Eltern klettern die Flüchtlingskinder auf dem Flughafen von La Guardia in New York aus dem Flieger. Begleiter schleusen die Kleinen in Fahrzeuge, die sie in Kinderheime bringen.

 

Nicht einmal der Bürgermeister Bill de Blasio wusste von der „Nacht und Nebel“-Aktion, mit der Regierung Donald Trumps die Opfer seiner brutalen Grenzpolitik tausende Kilometer weit von ihren Eltern entfernt nach New York brachte. Die Rede ist von hunderten Kindern, die in einer von elf Einrichtungen untergebracht sind die Verträge mit der Regierung haben. Wie viele es genau sind, kann niemand sagen, weil die Betreiber der Heime nicht mit den Medien sprechen dürfen. „Diese Kinder sollten nicht hier sein“, sagt de Blasio. „Sie gehören zu ihren Eltern“.

Trump verhöhnt die Opfer seiner Politik

Das sagt nun auch der Mann, der für die Trennung der Familien verantwortlich ist. „Ich konnte den Anblick und das Gefühl von getrennten Familien nicht ausstehen“, verkündete Trump bei Unterzeichnung eines Dekrets, das die auf seine Weisung hin am 7. Mai von Justizminister Jeff Sessions verkündete Grenzpolitik verändert.

Ab sofort sollen die Flüchtlingskinder nicht mehr von ihren Eltern getrennt, sondern zusammen mit diesen in Lager eingesperrt werden, die den früheren CIA-Direktor Michael Hayden an Konzentrationslager denken lässt. „Jetzt wird es viele glückliche Menschen geben“, verhöhnt Trump die Opfer seiner Politik, während er in die Kameras grinst.

„Danke, Sir“, sekundiert ihm Heimatschutz-Ministerin Kirstjen Nielsen, die für die Umsetzung der vom UN-Menschenrechts-Kommissar als Kindesmissbrauch gegeißelten Praxis zuständig ist.

Trump habe sich selber einer glatten Lüge überführt, kommentiert die konservative Kolumnistin Jennifer Rubin in der Washington Post. Sein Dekret ändere wenig daran. „Das Kern-Problem ist die Null-Toleranz-Politik“. Wer die US-Grenze ohne Papiere überschreitet, wird nach den Regeln Trumps nicht mehr bloß mit einer Ordnungsstrafe belegt, sondern wie ein Verbrecher behandelt.

Trump behauptete, First Lady Melania und Tochter Ivanka hätten ihn bedrängt, die Familien nicht zu trennen. Pflichtbewusst twitterte die Tochter ein Dankeschön an ihren Vater.

Das jüngste Opfer ist neun Monate jung

Die Präsidentin der Kinderschutzorganisation „Kids in Need of Defense“, Wendy Young, fragt sich, wofür Ivanka eigentlich dankt? „Das ist nur ein weiterer Akt erbärmlicher Grausamkeit“, klagt Young. Das Dekret erlaube nun, auf unbestimmte Zeit Kinder in gefängnisähnlichen Bedingungen zu halten. Zudem ändert das Dekret nichts an dem Schicksal der mehr als 2300 Kinder, die bereits von ihren Eltern getrennt sind. „Bestehende Fälle werden nicht rückwirkend gelöst“, erklärte ein Sprecher des Heimatschutzministeriums.

Ein Verfahren dafür gibt es ohnehin nicht, und ob die in der Nacht nach New York gebrachten Kinder ihre Eltern jemals wiedersehen, bleibt ungewiss. Zumal das jüngste Opfer im Alter von neun Monaten nicht einmal sprechen kann.