Vor 100 Jahren haben Möhringer Bürger den Homöopathischen Verein gegründet, um die Heilkraft der Natur zu nutzen. Am Sonntag feiern sie das Jubiläum im Vereinsheim auf dem Fasanenhof.

Fasanenhof - Wenn sich Mitglieder des Homöopathischen Vereins Stuttgart-Möhringen den Fuß verstauchen, greifen sie zu Ringelblumensalbe. Und bei Durchblutungsstörungen an der Hand nutzen sie Brennnesseln. „Die wirken wahnsinnig gut“, sagt Vorstandsmitglied Walter Hutzel. Dieses naturheilkundliche Wissen geben die Mitglieder des Vereins weiter, die am Sonntag das 100-jährige Bestehen des Zusammenschlusses feiern. Dabei wird es einen Stand geben, an dem sich Besucher über die homöopathische Heilweise informieren können. Roland Walz, der erste Vorsitzende, stellt klar: „Uns ist bewusst, dass die Schulmedizin das Maß aller Dinge ist. Die homöopathischen Mittel ergänzen diese.“

 

Vor 100 Jahren, als sich der Homöopathische Verein Möhringen gründete, war die Situation noch anders und die Schulmedizin noch nicht so stark verbreitet wie heute. Peter Kampa, der zweite Vorsitzende, ordnet die Gründung ein: „Krank zu sein, konnten sich 1913 nur Vermögende leisten.“ Wegen einer Erkältung gingen viele gar nicht erst zum Arzt, sagt er. Allein um die Rezeptgebühr zu bezahlen, sei im Durchschnitt ein Stundenlohn fällig gewesen, ergänzt Roland Walz, der erste Vorsitzende. „Der Grundgedanke der Gründung war, sich in Naturheilmitteln kundig zu machen“, sagt Kampa. Sie sollten eine preiswerte Alternative zur Schulmedizin sein.

Es ist schon die zweite Vereinsgründung in Möhringen

1913 war es schon das zweite Mal, dass sich in Möhringen Anhänger der Homöopathie, die von Samuel Hahnemann begründet wurde, zusammenschlossen. Bereits 1891 hatte der Heilpraktiker Georg Lieb einen homöopathischen Verein gegründet. Er starb allerdings bald und der Verein löste sich wieder auf. Wilhelm Schlecht, Wilhelm Hitzler und 20 Mitstreiter wagten 1913 einen weiteren Versuch. Derzeit stehen 50 Namen auf der Mitgliederliste. „Wir wollen das Wissen über Homöopathie und Naturheilkunde weitergeben“, sagt Hutzel. Dazu organisiert er zwei bis drei Vorträge pro Jahr. „Vor Kurzem hatten wir einen zu Zecken.“ Es ging aber auch schon um Heilkräuter allgemein, homöopathische Mittel gegen Grippe und bei Erster Hilfe.

Die Vorträge sind im Vereinsheim am Zettachring am Rande des Fasanenhofs. Dort liegt im Grünen die Vereinsgaststätte. Es ist das zweite Domizil. Im Jahr 1976 zog der Verein hierher, weil das frühere Vereinsheim dem Gewerbegebiet Fasanenhof im Weg war. Von 1929 an hatten die Mitglieder das erste genutzt. „Das hatten unsere Mitglieder mit eigenen Händen aufgebaut“, berichtet Walz. Denn einige waren Maurer und Schreiner. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus stark beschädigt und bis zum Jahr 1954 wieder aufgebaut.

Derzeit gibt es keine botanischen Rundgänge mehr

Die Aufgaben des Vereins haben sich mittlerweile verändert. Früher unternahmen die Mitglieder botanische Rundgänge und sammelten Heilkräuter. „Wir stellen keine Mittel mehr her, sondern wenden sie an“, sagt Hutzel. Weil die Mitgliederzahl recht niedrig ist und viele davon alt sind, ist die Tradition der Rundgänge eingeschlafen. „Wenn wir wieder mehr Mitglieder haben, könnte man das wieder aufbauen“, sagt Walz. Heute sind die Vorträge wichtiger. Einen Schritt, um attraktiver für junge Leute zu werden, hat der Verein schon getan. Im Garten gibt es einen großen Spielplatz. Walz ist optimistisch, dass die Mitgliederzahl steigt: „Wir spüren ein aufkommendes Interesse an Homöopathie.“