In Frankreich bietet Nutri-Score den Käufern seit Jahren Orientierung. Jetzt gibt auch der Fastfood-Gigant seinen Burgern eine Bewertung. Doch es gibt auch Kritik.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - McDonald’s gilt Vielen als Inbegriff von Junkfood. Zu fett, zu salzig, zu süß. In Frankreich will das Unternehmen nun in neuem Licht erscheinen: Von diesem Sommer an versieht McDonald’s seine Produkte mit der Ernährungsampel Nutri-Score. Experten feiern diesen Schritt als Meilenstein.

 

Ganz ohne Druck hat sich der Fastfood-Konzern nicht zur Kennzeichnung seiner Produkte in Frankreich durchgerungen. Das Logo wurde dort bereits 2017 eingeführt und ist ein ziemlicher Erfolg. Große Supermärkte wie Auchan, Intermarché, Leclerc oder Fleury Michon sorgten für die schnelle Verbreitung. Belgien, Spanien und Portugal zogen rasch nach, seit Ende 2020 ist die Verwendung des Logos auch in Deutschland erlaubt.

Die meisten Franzosen kennen das Logo

„Die Nutri-Score-Ampel bietet einen sehr einfachen visuellen Hinweis auf der Vorderseite von Verpackungen“, sagt Emily Mayer von der französischen Kommunikationsagentur IRI. Verbraucher sehen sofort, welche Tiefkühlpizza gesünder ist oder welches Müsli die bessere Wahl darstellt. Negativ auf eine Bewertung wirken sich viel Fett, Zucker oder Salz aus. Diese Stoffe sind oft für Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich. Positiv bewertet werden dagegen Ballaststoffe, Nüsse oder der Anteil von Obst und Gemüse.

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Diese Angaben werden nach einem wissenschaftlichen Algorithmus gewichtet und münden in eine Kennzeichnung durch eine Farb- und Buchstabenskala. Ein Produkt schneidet gut ab, wenn auf der Ampel dunkelgrün und der Buchstabe A zu sehen ist. Leuchtet ein roter Balken und der Buchstabe E, ist das Produkt nicht besonders gesund. „In etwas mehr als drei Jahren hat sich Nutri-Score zu einer gängigen Praxis entwickelt“, unterstreicht Emily Mayer. Die meisten Franzosen würden das Logo kennen und rund 71 Prozent ihm auch vertrauen.

Hersteller von Spezialitäten sind unzufrieden

Doch es gibt auch Kritik. Zum Beispiel aus den französischen Pyrenäen. Dort leben viele Landwirte, die Spezialitäten herstellen. In der Region Bigorre etwa werden die berühmten schwarzen Schweine gezüchtet. Bei Nutri-Score würden die Fleischprodukte aber im roten Bereich eingeordnet. Ein ähnliches Problem gibt es bei Käsesorten wie dem Pélardon oder auch Olivenöl. Viele von ihnen tragen das begehrte AOP-Siegel („Appelation d´Origine Protégée“), das Produkte von besonderer Güte kennzeichnet.

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„Nutri-Score wurde entwickelt, um Hersteller zu ermutigen, den Nährwert von verarbeiteten Produkten zu verbessern“, erklärt Pierre Ginebre, Direktor eines Instituts, das die Qualität der AOP-Produkte in der Region am Fuße der Pyrenäen überwacht. Das Logo könne auf Schokoriegel, Limonaden oder Fertigprodukte angewendet werden. „Ein Bigorre-Schinken ist nur Schweinefleisch, Salz und Pfeffer, ein Rezept voller Geschichte, das aber durch diese Bewertung abgewertet wird“, sagt Ginebre. Die Hersteller von AOP-Produkten fordern, dass ihre Lebensmittel von der Bewertung ausgenommen werden.

Gütesiegeln können auch verwirren

Serge Hercberg kennt diese Schwäche von Nutri-Score sehr genau. Der Professor ist einer der Entwickler der Lebensmittelampel. Trotzdem überwiege der Nutzen die Nachteile. Der Druck der Zivilgesellschaft könne so auch multinationale Unternehmen dazu bringen, ihre Produkte gesünder zu machen – was sie sonst nicht getan hätten.

Die Supermarktkette Intermarché hat 2019 ein „Franco-Score“ eingeführt. Inzwischen gibt es auch die Umweltkennzeichnung Eco-Score. Doch nicht nur die Macher von Nutri-Score befürchten nun, dass die Inflation von Gütesiegeln die Verbraucher verwirrt und eine eigentlich gute Idee am Ende entwertet werden könnte.