Der FC Bayern München zieht vorzeitig ins Achtelfinale der Champions League ein. Nicht schön, aber erfolgreich, das ist die Ancelotti-Art. Für die Münchner Sehnsucht nach einem Triumph in der Königsklasse ist er genau der richtige Trainer, findet der Sportredakteur Gerhard Pfisterer.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Es gibt eine erstaunliche Statistik in der Vita des Carlo Ancelotti. Der Italiener, seit dieser Saison in Diensten des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München, hat als Trainer genauso viele nationale Meisterschaften gewonnen wie Titel in der Champions League (je drei). Und der 57-Jährige schickt sich an, dass seine Bilanz aufgeglichen bleibt – mit einem Titelgewinn in der Bundesliga und einem vierten Erfolg auf höchster europäischer Ebene, auf der sein Team am Dienstagabend beim PSV Eindhoven (2:1) vorzeitig den Einzug ins Achtelfinale klargemacht hat.

 

Neulich war ja schon Kritik an Carlo Ancelotti aufgekommen. Nach drei schönheitspreisverdächtigen Jahren unter seinem katalanischen Vorgänger Pep Guardiola mit totaler nationaler Dominanz (und drei Champions-League-Halbfinalteilnahmen) hatte sich die deutsche Übermannschaft doch tatsächlich drei Spiele nacheinander ohne Sieg geleistet. Das ist genug, damit im erfolgsverwöhnten München so etwas wie Krisenstimmung aufkommt. Zumal das bayerische Starensemble mittlerweile ja nicht mehr genussvoll spanisch spielt, sondern einfach effektiv – auf die italienische Art, die Carlo-Ancelotti-Art. Der Erfolg gibt dem Neuen jedoch recht, seine Bayern-Bilanz kann sich mehr als sehen lassen. In der Bundesliga führen die Münchner mit sieben Siegen und zwei Unentschieden die Tabelle an, im DFB-Pokal und in der Champions League stehen sie im Achtelfinale und haben mit ihrem neuen Coach erst ein Spiel verloren (0:1 bei Atlético Madrid).

Ancelottis Meisterstück von 2014 – damals noch gegen den FC Bayern

Es lohnt sich auch ein Blick zurück in die Spielzeit 2013/14, um die Klasse von Carlo Ancelotti würdigen zu können. Seinerzeit traf er auf dem Weg zum Champions-League-Sieg mit Real Madrid im Halbfinale auf den FC Bayern und setzte diesen brilliant schachmatt. Ergebnishalber mag das Rückspiel in München (4:0 für die Gäste aus Madrid) mehr in Erinnerung geblieben sein, dieses Resultat wurde aber erst durch eine taktische Genieleistung in der ersten Begegnung in Madrid ermöglicht. Dort überließ Ancelotti den hoch eingeschätzten und hoch verteidigenden Münchnern komplett den Ballbesitz (72 Prozent) und zog sich mit seiner starken Startruppe um Cristiano Ronaldo komplett zurück. Die Bayern machten das Spiel, blieben aber trotz Vorteilen in allen statistischen Kategorien völlig ungefährlich, während die Gastgeber grausam-kühl konterten (und noch höher gewinnen hätten müssen). Es war ein Meisterstück in Sachen Fußballtaktik von Carlo internazionale.

Kein Trainer triumphierte in der 1992 eingeführte Königsklasse öfter als der 57-Jährige, der den Henkelpott zweimal mit dem AC Mailand (2003, 2007) und einmal mit Real Madrid (2014) holte. Für die Münchner Sehnsucht nach dem dritten Triumph in der Champions League nach 2001 und 2013 ist er genau der richtige Mann. Und seine Verpflichtung war schon deshalb eine typische Bayern-Verpflichtung, weil Carlo Ancelotti als Coach mit sechs Siegen und zwei Unentschieden eine mehr als bemerkenswerte Bilanz gegen den FCB aufweist – wenn ihnen einer zu gefährlich wird, holen sie den ja lieber in ihr eigenes Team.