Die deutsche Degenfechterin Alexandra Ndogo gewinnt Bronze in Düsseldorf und damit ihre zweite EM-Medaille.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - In der Jugend wird viel ausprobiert. Als Austauschülerin in den USA nahm Alexandra Ndolo als Mitglied eines Schwimm-, Leichtathletik- und Basketballteams an Meisterschaften im Bundesstaat Arizona teil. Auch von der Muse wurde sie geküsst – als begeisterte Klavier- und Geigespielerin. Womöglich hätte aus der Allrounderin eine ganze Menge werden können im Leben. Aber vor allem der Deutsche Fechterbund (DFeB) ist nun froh, dass Alexandra Ndolo nicht im Orchestergraben einer Staatsoper verschwunden ist, sondern als Degenfechterin auf der Planche steht. Das Ergebnis: EM-Bronze in Düsseldorf. Der Verband atmet auf.

 

Der Deutsche Fechterbund, der wirklich schon famosere Zeiten erlebte, nimmt dieser Tage bei der den Europameisterschaften in Düsseldorf mit, was er kriegen kann. Max Hartungs Säbelbronze, die gleiche Auszeichnung für Ndolo und das Mannschaftssilber der Florettmänner lassen die Funktionäre nach eher dürftigem EM-Start feststellen: die Bilanz ist gerettet, ein Fiasko ausgeblieben. Das deutsche Fechten ist nicht am Ende – es lebt noch. „Das ist ein große Erleichterung, ich bin sehr zufrieden“, sagt der Sportdirektor Sven Ressel, weil es in den ersten zwei Tagen nicht gut gelaufen war.

Mehr war nicht drin

Auch Alexandra Ndolo befand sich ganz im Glück, denn sie wusste: Mehr war nicht drin an diesem Stresstag mit zahlreichen Rückständen in den Vorgefechten und einem spannenden Halbfinale gegen die spätere Europameisterin Coraline Vitalis aus Frankreich (12:15). „Eine Medaille ist auf jeden Fall was – ich bin stolz auf mich“, sagte sie nach ihrem Gefecht, das in der Düsseldorfer Halle ein echtes Highlight war. „Ich bin wirklich zufrieden mit Alex, sie ist immer ruhig geblieben. Die Saison war ohnehin schwer für sie, weil sie häufig mit einem Treffer verloren hat“, sagte der ebenso erleichterte Bundestrainer Dominik Csobo und schätzte die Bronzemedaille sehr hoch ein.

Alexandra Ndolo hat erst vor zwei Jahren so richtig auf sich aufmerksam gemacht. Damals gewann sie EM-Silber – im stolzen Alter von 30 Jahren. Heute ist sie 32 und bestätigte mit ihrer nächsten EM-Auszeichnung, dass sie konstant auf hohem Niveau zu fechten versteht, auch wenn ihr zuletzt das Glück fehlte. Selbstverständlich sind ihre Erfolge nicht. Denn Ndolo ist vor allem eines: eine Spätzünderin erster Güte.

Mit 16 fing alles an

Erst mit 16 fing sie an, sich auf das Degenfechten zu spezialisieren. Bis dahin war sie im Modernen Fünfkampf unterwegs, dieser abenteuerlichen Mischung aus Fechten, Schwimmen, Springreiten, Querfeldeinlaufen und Pistolenschießen. Nach ihrer Spezialisierung auf den Degen dauerte es Jahre, bis sie in unterklassigen Ranglisten auftauchte. Irgendwann hätte sich die gebürtige Bayreutherin auch mal sagen können: das war’s. Die Leidenschaft aber war stärker. „Fechten ist total abwechslungsreich. Dort kann ich morgen den Gegner von heute vor mir haben – aber es ist ein völlig anderes Gefecht“, sagt die Tochter einer Polin und eines Kenianers, die die Sprache ihre Mutter spricht und einwandfrei fränkisch – aber nicht die Sprache ihres Vaters.

Als Alexandra Ndolo vor zwei Jahren EM-Silber holte, wurde am Fechthorizont schon reflexartig Britta Heidemann 2.0 in ihr erkannt. Ndolo ist seither ganz gut damit beschäftigt, sich gegen die Vergleiche mit der Olympiasiegerin zu wehren. „Britta ist Britta, ich bin ich. Im Sport den Ergebnissen anderer Leute nachzueifern, ist Quatsch“, sagt sie, „außerdem wird man damit nicht glücklich.“ Glücklich macht nur der eigene Weg – und der wird an diesem Sonntag im Mannschaftswettbewerb weitergegangen. Das Ziel? Die nächste Medaille für Alexandra Ndolo. Klavierspielen kann sie noch mit 50.