Im Streit um die Luftbelastung am Neckartor haben zwei Kläger einen Vergleich mit dem Land geschlossen. Demnach muss ab Januar 2018 der Verkehr auf der besonders hoch belasteten Kreuzung an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung um 20 Prozent verringert werden.

Stuttgart - Die Zahl der Autos auf der B 14 am Neckartor muss bei schadstoffträchtigen Wetterlagen von Anfang 2018 an um 20 Prozent sinken – das entspricht an Werktagen rund 16 000 Fahrzeugen. Darauf haben sich in einem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht zwei klagende Anwohner und das Regierungspräsidium (RP) geeinigt. Mit einer Einschränkung: das neue grün-schwarze Regierungsbündnis muss den Vergleich bestätigen. Wenn nicht, kann der Klägeranwalt Roland Kugler den Vergleich widerrufen. Dann entscheidet die 13. Kammer unter Vorsitz von Wolfgang Kern ohne weitere Verhandlung.

 

Gutachter sind der Ansicht, dass die Einhaltung der Grenzwerte durch rund 20 Prozent weniger Autoverkehr nahezu erreicht werden könnte. Verkehrsbeschränkungen wie Fahrverbote sind allerdings im neuen grün-schwarz Zweckbündnis höchst umstritten. „Es geht beim Thema um eine politische Frage, es wäre ein Affront, wenn wir hier als Vertreter des Verkehrsministeriums einfach zugestimmt hätten“, sagte der scheidende Abteilungsleiter Luftreinhaltung Günter Mezger.

Rechtsanwalt Kugler zeigte sich nach fünf Stunden Verhandlung sehr zufrieden mit dem Ergebnis: „Jetzt müssen sich Stadt und Land Gedanken machen, wie sie die Verkehrsmenge schon 2018 und nicht erst 2021 reduzieren können. Ohne ein neues Verkehrskonzept für die ganze Stadt wird das nicht funktionieren.“

Richter: Alte Überschriften sind keine Fortschreibung des Luftreinhalteplans

In dem Verfahren ging es um die dritte Fortschreibung des Stuttgarter Luftreinhalteplans. Er sollte eigentlich schon in diesem Frühjahr vorliegen. Vor der Kammer mussten Vertreter des RP und des Landes allerdings einräumen, dass der neue Plan nicht vor Ende August 2017 fertig wird. Für diesen müsse ein umfangreiches Wirkungsgutachten erstellt werden, dass das Minderungspotenzial für Feinstaub und Stickoxide aufzeige.

In der Verhandlung beschäftigte sich das Gericht mit den einzelnen, im der Planfortschreibung vorgesehenen Maßnahmen. Die Mehrzahl davon bezeichnete Richter Kern als „unverbindliche Absichtserklärungen der Aufsichtsbehörde“. Etliche Schritte seien außerdem in früheren Plänen schon angeführt. Als Beispiel nannte er die finanzielle Förderung von Elektrofahrzeugen.

„Alte Überschriften sind keine Fortschreibung“, hielt der Vorsitzende Richter den Behördenvertretern vor. Land und Regierungspräsidium müssten stattdessen „konkret sagen, was Sie tun wollen“. Jede Maßnahme müsse außerdem mit einer konkreten Wirkung hinterlegt sein. Es gehe nicht um einen Rechenschaftsbericht darüber, „was Sie schon alles getan haben, sondern darüber, was Sie sonst noch zu tun gedenken“.

Land will Wirkungsanalysen abwarten, bevor konkrete Beschränkungen verhängt werden

Christoph Erdmenger, der Leiter der Abteilung Nachhaltige Mobilität im Verkehrsministerium, argumentierte, für das Land sei es schwierig, sich ohne Wirkungsanalysen konkret zu einzelnen Maßnahmen zu äußern. Das Gutachten sei noch in Arbeit. Außerdem müssten die Auswirkungen auf das Straßennetz um das Neckartor bedacht werden. Um den Verkehr spürbar zu verringern fehle es noch am Instrumentarium wie etwa einer blauen Plakette und speziellen Verkehrsschildern, sagte Wolfram Sandner, der Anwalt des RP.

Der Vorsitzende Richter sah hingegen bei der Beschilderung einen erheblichen Spielraum. „Wenn Sie ernst genommen werden wollen, müssen Sie sagen, dass sie ab 2018 verbindlich verkehrslenkende Maßnahmen ergreifen werden“, redete Kern den Behördenvertretern ins Gewissen, „die Kläger hätten sicher gern eine Lösung, die sie noch erleben“.