Seit 14 Jahren gibt es kein Lebenszeichen von Felix. Als kleiner Junge kommt er vom Vater-Sohn-Wochenende nicht zurück. Die Ermittler vermuten, dass er tot ist. Doch seine Familie hofft weiter. Auch, weil es viele offene Fragen gibt.

Schwetzingen - Ein sympathisches Gesicht, braune Augen, braune Haare und ein leichter Flaum auf der Oberlippe: So könnte Felix Heger heute mit 17 Jahren aussehen. Vor 14 Jahren verschwand der damals zweijährige Felix aus Oftersheim im Rhein-Neckar-Kreis. Seitdem gibt es kein Lebenszeichen von ihm. Aber es gibt auch keinen Beweis, dass er tot ist. Seine Großeltern suchen weiter. Mit Fotos, die den Enkel virtuell gealtert zeigen. „Wir sind überzeugt: Das Kind lebt irgendwo“, sagt Großvater Johann Schmitz. „Es gibt so viele Ungereimtheiten.“

 

Der 85-Jährige erinnert sich noch genau an den 6. Januar 2006. Der Ex-Mann seiner Tochter holte damals Felix für ein „Papa-Wochenende“ ab. Kurz davor hatte Schmitz mit seinem Enkel telefoniert: „Opa, komm mich holen, ich möchte heute nicht zu meinem Papa“, habe der Kleine gesagt. Dass er das weinende Kind bestärkte, mit dem Papa zu fahren, darüber kommt Johann Schmitz heute noch nicht hinweg. „Wir waren so eine glückliche Familie“, sagt er.

Bis zu jenem Wochenende nach Dreikönig. Als Felix nicht zurückkam. Die Leiche des Vaters wurde am 26. Februar im Schwarzwald nahe Bühlertal im Kreis Rastatt gefunden. Von Felix keine Spur. Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden vermutet, dass er tot ist. Sie stellte nach intensiver Suche das Verfahren im November 2014 ein.

Tag für Tag werden Kinder als vermisst gemeldet

Abschiedsbrief, leere Schnapsflaschen, Schlaftabletten-Packung: Die Ermittler gingen davon aus, dass der Vater erst das Kind getötet hat und dann sich selbst das Leben nehmen wollte. Doch die Obduktion ergab, dass der Vater vor seinem Tod keinen Alkohol im Blut hatte. Und gestorben ist er laut Staatsanwaltschaft „wahrscheinlich“ an schweren Brust- und Lungenverletzungen durch einen Sturz. Letztlich geklärt ist das nicht. Fremdeinwirkung wird jedoch ausgeschlossen.

Für den Anwalt der Familie, Alexander Moser, deutet hingegen alles auf ein Verbrechen hin. Er geht davon aus, dass der Vater getötet wurde und sein Ableben als Suizid dargestellt werden sollte. Was den Jungen angeht, meint er: „Es existiert nicht der geringste Beweis, dass Felix körperlich zu Schaden gekommen ist.“

Tag für Tag werden Kinder als vermisst gemeldet. Die meisten tauchen wieder auf. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wurden die 15 395 Fälle der im Jahresverlauf 2019 als vermisst registrierten Kinder zu 97,9 Prozent geklärt. Ungewisse Schicksale wie das von Felix oder der kleinen Britin Maddie sind die Ausnahme. Auch wenn Ermittler dann Angehörigen keine große Hoffnung mehr machen - manche Kinder sind noch am Leben. So wie die Österreicherin Natascha Kampusch. Sie war als Zehnjährige auf dem Schulweg entführt und mehr als acht Jahre in einem Keller gefangen gehalten worden, bevor ihr die Flucht gelang.

Wollte der Vater mit Felix Heger untertauchen?

Schmitz schließt nicht aus, dass sein Ex-Schwiegersohn mit Felix untertauchen wollte. Er habe viel Geld dabei gehabt. „Er wollte wohl langfristig nach Portugal.“ Doch warum dann der Schwarzwald? Vielleicht wurde er dort erwartet und abgeholt, meint Schmitz. Seine Frau Maria erinnert an drei Zeugen, die Felix mit seinem Vater am 11. und 12. Januar am Grenzübergang Iffezheim auf französischer Seite gesehen haben wollen. „So, als hätten sie auf jemanden gewartet.“ Wurden absichtlich falsche Fährten gelegt? Schmitz schließt das nicht aus. Er ist sich nur sicher, dass sein Ex-Schwiegersohn Felix zu keiner Zeit Leid zufügen wollte.

Dass verlassene Männer ihre geliebten Kinder umbringen, ist für den Kriminologen Christian Pfeiffer allerdings nichts Ungewöhnliches. „Bei der Kindstötung geht es Männern darum, die Frau für immer zu beschädigen, sodass sie ihres Lebens nicht mehr froh wird. Das Rachebedürfnis ist extrem hoch.“ Er hält es für wahrscheinlich, dass der Vater seinen Sohn tötete und die Leiche versteckte, um seinen eigenen Tod planen zu können.

Die Großeltern geben dennoch nicht auf: Denn wenn Felix noch irgendwo lebt, ist er mit 17 Jahren nun alt genug, um Fragen zu stellen. „Er will vielleicht wissen, wo seine Wurzeln sind“, meint Maria Schmitz. Es ist nur eine „Mini-Hoffnung“, sagt Kriminologe Pfeiffer. Aber die will er dem Großeltern-Paar nicht rauben.