Im Alter von 60 Jahren ist die als Organistin und Chorleiterin bekannte Rita Ermer aus Fellbach ihrer schweren Krankheit erlegen.

Fellbach - Eine Kirche ohne Musik, das konnte sich Rita Ermer nicht vorstellen. In den katholischen Kirchen St. Johannes und Maria Regina sorgte sie für die Musik, sie spielte bei Gottesdiensten die Orgel und leitete die Chöre der beiden Gemeinden, von den Kindern bis zu den Erwachsenen. Sie hat mehrere Musicals einstudiert, Projektchöre angeboten und für Festgottesdienste die Musik ausgesucht. „Was die Menschen zusammenführt ist die Freude an der Musik und gute Gemeinschaft, die auch im Alltag trägt“, war das Motto der zierlichen und für ihre Hilfsbereitschaft geschätzten Persönlichkeit. Jetzt ist Rita Ermer im Alter von 60 Jahren einer schweren Krankheit erlegen. Die Beisetzung findet an diesem Freitag auf dem Kleinfeldfriedhof in Fellbach statt.

 

Auf dem Fahrrad wurde alles transportiert

Sinnbild für das vielfältige Engagement der Kirchenmusikerin waren stets die Satteltaschen ihres Fahrrads. Auf dem Drahtesel wurde alles transportiert, was für die Übungsstunden nötig war – Noten und Notenständer, Flöten und Paukenschlegel, allerlei Unterlagen und jede Menge Fleißaufkleber für ihre Instrumentalschüler. „Da musste es schon Bindfäden regnen, damit sie ihr Auto nahm“, erzählt ihr Sohn Florian.

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Die Kirchenmusik war ihr Leben. Im Alter von 23 Jahren war sie aus Waiblingen nach Fellbach gekommen und hatte zunächst den Kirchenchor übernommen, ehe sie 1989 bei der Gemeinde St. Johannes offiziell als Kirchenmusikerin angestellt wurde. Hunderte Kinder hat sie in mehr als drei Jahrzehnten begleitet und ihnen mit Liebe und Herzblut beigebracht, wie großartig Musik sein kann. „Es ist so wichtig, dass die Eltern das unterstützen und schon Kleinkinder in die musikalische Früherziehung schicken“, sagte sie oft – und bedauerte, dass immer mehr Kinder durch Ganztagsschule und nachmittägliche Hortbetreuung verplant gewesen seien.

Größere Chorprojekte auf die Beine gestellt

Umso wichtiger war ihr, die Kinder dann in Schulchören wie etwa an der Maicklerschule abzuholen. Die Betroffenheit über den Tod der Musikerzieherin sitzt auch hier tief. „Frau Ermer war über viele Jahre hinweg ein wichtiger Bestandteil des Schullebens, hat etwa unser jahreszeitliches Singen bereichert, größere Chorprojekte auf die Beine gestellt und Gottesdienste mitgestaltet. Sie wird uns allen sehr fehlen“, sagt Maicklerschul-Rektorin Verena Weiß.

Neben dem Schul- und Kirchenchor leitete Rita Ermer den Kinder- und Jugendchor und die Flötengruppe an St. Johannes, sie gründete die Katholische Singschule und den jungen Chor „just for fun“ und behielt bei Musicals oder Krippenspielen stets die Nerven. „Unglaublich, wie toll und ruhig die Kinder mitmachen und Frau Ermer sie alle im Griff hat“, staunten die Eltern bei Proben und Aufführungen. Musikalisch immer „up to date“ und theologisch ungemein gebildet sei sie gewesen, sagt Alfons Scheirle, der seit Jahrzehnten mit ihr musizierte. „Sie hat mir viele Impulse gegeben und ich habe sie oft um Rat gefragt“, erinnert er sich. Doch Rita Ermers Mission war nicht nur das Musizieren an sich; es war vor allem auch der Weg zum Glauben an Gott. „Das Wesen geistlicher Musik ist ein Licht, das die Heiden erleuchtet. Wir sollen so von Gott singen, dass es andere überzeugt – und ich glaube, dass Rita Ermer von genau dieser Wirkung weiß“, sagte Pfarrer Thomas Steiger 2014 bei ihrer Ernennung zur Chordirektorin.

Hilfe für Kinder in Tansania organisiert

Es gab aber auch noch eine andere, eine stillere Rita Ermer. Eine Frau, die sich unermüdlich für das Krankenhaus St. Monica in Kirua im afrikanischen Tansania engagierte. Sie sammelte Spenden, half vor Ort bei der Bewältigung bürokratischer Hürden und übernahm mehrere Patenschaften. „Ich habe in meinem Leben trotz einiger Schicksalsschläge viel Glück gehabt, das möchte ich nun weitergeben“, sagte sie einmal.

Getragen wurde ihr Einsatz durch den von ihr initiierten Verein „Baraka“ mit dessen Hilfe sie auch einen Kindergarten und eine Grundschule errichtete. Ihr Einsatz und die Kinder in Afrika seien „wie ihr drittes Kind“ gewesen, sagt Sohn Florian. Und er sagt noch etwas über seine Mutter: „Sie war immer für mich und meine Schwester da, hat immer zuerst nach den anderen geschaut und zu allerletzt nach sich selbst.“

Seit Monaten stand ein Container voller medizinischer Geräte für das Krankenhaus in Oeffingen zur Abholung bereit; immer wieder mussten neue Dokumente für die Behörden ausgefüllt werden. Just an ihrem Todestag wurde der Container abgeholt und ist nun auf dem Weg in „ihr“ Afrika. Sie habe noch davon gehört und sich sehr gefreut, sagt Alfons Scheirle, der bei der Trauerfeier am Freitag das von ihr sehr geliebte Lied anstimmen wird: „Asante sana – vielen Dank.“