Gudrun Lack betreibt seit 31 Jahren ihr Geschäft in der Cannstatter Straße. In dem Quartier blieb in der Zeit kaum ein Stein auf dem anderen. Simone Käser

Rems-Murr: Simone Käser (sk)

Fellbach - An einen Tag kann sich Gudrun Lack besonders gut erinnern. Die Bauarbeiten für das Rathaus-Carrée waren gerade in vollem Gange. „Wir schauten aus dem Büro raus und waren auf zwei von vier Gebäudeseiten von Baugruben und Baggern umzingelt“, sagt die Inhaberin des gleichnamigen Fellbacher Buchladens in der Cannstatter Straße. Es sei Erde für die Tiefgarage ausgehoben worden, als sich mit einem Mal ein Fundamentstein gelöst habe. „Dadurch hing eine Ecke des Büros plötzlich komplett in der Luft. Wir durften den Raum nicht mehr betreten und die Hauswand wurde nachts mit Baggerschaufeln gestützt“, sagt Gudrun Lack.

 

Heute kann sie über die Geschehnisse lachen, damals war die Aufregung groß. Generell war die Großbaustelle Rathaus-Carrée für alle Beteiligten eine Herausforderung: Gesperrte Straßen, Umleitungen, Holzbretter statt Gehsteige und jede Menge Lärm. Um in dieser Zeit die Interessen der Händler im Viertel zu vertreten, hat sich 2007 die Interessengemeinschaft Rathaus-Carrée gegründet. „Wir haben geschaut, dass der Verkehr trotzdem läuft und versucht, mit interessanten Aktionen die Kunden auch während den Bauarbeiten in die Läden zu locken“, sagt Gudrun Lack, die Vorsitzende der Interessengemeinschaft.

Schnell ist klar, dass das Sanierungsgebiet größere Ausmaße annehmen würde

Nach ersten Gesprächen mit der Stadt sei rasch klar gewesen, dass das Sanierungsgebiet zwischen Kirchhof- und Hirschstraße doch sehr viel größere Ausmaße annehmen würde. „Heute sind wir mehr als 40 Mitglieder und machen uns füreinander stark“, sagt Gudrun Lack und schwelgt in Erinnerungen: Vor 31 Jahren eröffnete die heute 55-Jährige die Buchhandlung in dem denkmalgeschützten Haus. Seitdem hat sich viel getan.

„In diesen 31 Jahren folgte eine Baustelle der nächsten. Kein Stein blieb auf dem anderen. Und mitten drin mein Laden, der nicht angerührt werden durfte, wegen des Denkmalschutzes.“ Wie auf einem Fels in der Brandung sitzt Gudrun Lack in ihrer Buchhandlung und kann beobachten, wie alte Bauern- und Wengerterhäuser weichen und die Innenstadt nach und nach verdichtet wird.

Das Luftbild zeigt, wie die alte Straßenbahn ihre Wendeschleife zieht

Bei einem Blick auf das Luftbild von 1955 kann sie es kaum glauben. „Verrückt, da fuhr ja noch die Straßenbahn die Bahnhofstraße hoch, am Sportgeschäft Oberhauser vorbei und dann die Cannstatter Straße wieder runter Richtung alte B 14.“ Aber zurück zur Umgestaltung des Rathaus-Carrées: Bereits 2007 wurde mit dem Abriss der ersten alten Häuser begonnen. Den letzten Abschnitt bildete dann der Neubau der Fellbacher Markthalle und der angrenzenden Gebäude. Gudrun Lack ist mit dem Erreichten zufrieden. „Der Erfolg hat die Mühe und die viele Energie wett gemacht. Auch der Straßenbelag und das neue Beleuchtungskonzept sind toll geworden.“ Es hätten zwar viele schöne alte Wohnhäuser weichen müssen. „Trotzdem kann sich das Ergebnis sehen lassen. Das Quartier ist moderner und nicht mehr so kleinteilig. Außerdem sei die Interessensgemeinschaft ein Paradebeispiel dafür, dass man etwas schaffen kann, wenn man zusammenhält“, sagt Gudrun Lack.