Wer hat Schuld am Spielabbruch von Istanbul? Ein Mann, der Besiktas-Coach Senol Günes im Fenerbahce-Stadion beworfen und verletzt haben soll, wurde festgenommen. Die beiden Club-Präsidenten sehen sich nicht in der Verantwortung.

Istanbul - Nach den Krawallen beim Stadtderby der türkischen Fußballclubs Fenerbahce und Besiktas Istanbul ist der mutmaßliche Haupttäter festgenommen worden. Der Mann soll am Donnerstagabend Gäste-Coach Senol Günes beworfen und verletzt haben. Das berichtete am Freitag der Sender CNN Türk.

 

Besiktas-Trainer Günes war im Pokalhalbfinal-Rückspiel der beiden Stadtrivalen in der zweiten Halbzeit von einem Gegenstand am Kopf getroffen und verletzt worden. Nach Medienberichten musste eine Wunde mit mehreren Stichen genäht werden. Informationen der Zeitung „Takvim“ zufolge gab der festgenommene Mann zu, ein Messer geworfen zu haben. Er habe aber nicht bewusst auf Günes, der zwischenzeitlich ins Krankenhaus musste und wieder entlassen wurde, gezielt.

Der Vorfall löste in der Türkei große Empörung aus. Sogar Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich und sprach von einer „Verschwörung“. Der Vorfall sei „mehr als Fußball-Terror. Da gibt es, ich muss offen sprechen, auch eine Verschwörung“, sagte Erdogan am Freitag auf die Frage von Journalisten. „Hier hat natürlich jemand den Terror auf der Tribüne organisiert. Das ist nichts, was aus sich selbst heraus geschehen ist.“ Details nannte Erdogan aber nicht.

Vereinspräsidenten bedauern Vorfälle

Ministerpräsident Binali Yildirim sagte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu: „Der Angriff gegen Besiktas-Trainer Senol Günes ist nicht akzeptabel. Ich verurteile ihn scharf.“

Günes sei „sehr niedergeschlagen“, sagte Besiktas-Präsident Fikret Orman nach dem Spiel, das beim Stand von 0:0 abgebrochen wurde. Es sei ein „sehr trauriger Tag“ gewesen, ergänzte er. „Das sollte nicht das Bild unseres Landes in der Welt sein.“ Zudem sprach er von einer „Sicherheits-Schwäche“ im Stadion. Spieler seien von Sicherheitskräften noch im Tunnel auf dem Weg zu den Umkleiden angegriffen worden.

Auch Fenerbahce-Präsident Aziz Yildirim sah seinen Club als Opfer: Er schäme sich im Namen von Fenerbahce, dass jeder kleinste Vorfall auf dem Feld genutzt werde, um das Spiel zu unterbrechen. Yildirim kritisierte zudem, dass schon vor dem Abbruch des Spiels Gegenstände auf das Spielfeld geflogen seien und der Schiedsrichter nicht eingegriffen habe. Er sprach von einer „schmutzigen Verschwörung“ gegen Fenerbahce. Zu Günes äußerte sich der Club-Präsident nicht.

Unklar, ob das Spiel wiederholt wird

Die Europäische Fußball-Union UEFA kommentierte den Vorfall auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht - dies sei Sache des türkischen Verbandes. Eine Stellungnahme des Verbandes gab es zunächst nicht.

Bereits im Halbfinal-Hinspiel, das 2:2 endete, hatte es wegen der unfairen Spielweise beider Mannschaften drei Platzverweise gegeben. Im Rückspiel zeigte der Referee nach 30 Minuten wegen einer rüden Attacke die Rote Karte gegen Besiktas-Verteidiger Pepe. Sein Teamgefährte Ricardo Quaresma wurde zudem von hitzigen Fenerbahce-Anhängern bei der Ausführung eines Eckballs von einem Schlüsselbund getroffen.

Ob die Partie wiederholt wird, blieb zunächst offen. Zwischenzeitlich wurden 32 weitere Fans festgenommen, 15 von Besiktas und 17 von Fenerbahce. Sie kamen aber wieder frei.