Ein Ferienlager in Südfrankreich wird überschwemmt, unter den Jugendlichen aus Leverkusen bricht Panik aus. Ein Betreuer bleibt auch Tage danach noch verschwunden. Zwei Verantwortliche des Veranstalters sind nun im Visier der Justiz.

Leverkusen/Nimes - Nach der katastrophalen Überschwemmung eines deutschen Ferienlagers in Südfrankreich hat sich der Veranstalter gegen Vorwürfe der Justiz verteidigt. Der zweite Vorsitzende des Vereins St. Antonius aus Leverkusen sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Köln: „Wir haben uns absolut nichts vorzuwerfen.“ Die französische Justiz hatte am Wochenende Ermittlungsverfahren gegen ihn und den Vereinsvorsitzenden eingeleitet, unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung.

 

Der Vizevorsitzende, der sich noch in Frankreich aufhält, sagte, man habe gegen ihn und den ersten Vorsitzende am Samstag in Nimes Anklage erhoben und sie danach gegen Auflage auf freien Fuß gesetzt. Ihnen werde die Errichtung eines illegalen Campingplatzes, die Gefährdung von Personen und zudem Schwarzarbeit vorgeworfen. Das Ferienlager des Vereins mit rund 100 Kindern und Jugendlichen zwischen 9 und 17 Jahren in der südfranzösischen Gemeinde St.-Julien-de-Peyrolas war am vergangenen Donnerstag überschwemmt worden.

Panik im Zeltlager

Man habe im Camp sehr früh Alarm ausgelöst und die Jugendlichen zunächst geordnet auf einen höher gelegenen Parkplatz geleitet. Danach sei Panik ausgebrochen, weil viele zurück in die Zelte gestürmt seien, um ihre Sachen zu holen, berichtete der Vereinsvorsitzende. Da ihm die Lage nicht mehr beherrschbar erschien, habe er die Feuerwehr zur Hilfe gerufen, die die Rettung koordiniert habe. Die Vorwürfe mit Blick auf das Camp-Gelände seien für ihn nicht nachvollziehbar, einen juristischen Streit um den Campingplatz habe der Verein 2017 vor Ort erstinstanzlich gewonnen.

Das Einschreiten der französischen Justiz gegen die beiden Deutschen („mise en examen“) wird als Einleitung eines Ermittlungsverfahrens übersetzt, manchmal aber auch als Anklage. Bedingung dafür ist, dass die Ermittler „schwerwiegende oder übereinstimmende Indizien“ gegen die Verdächtigen sehen. Es gibt aber einen zentralen Unterschied zur deutschen Anklageerhebung, mit der die Staatsanwaltschaft bereits einen Prozess vor einem Gericht beantragt. Bei einer „mise en examen“ in Frankreich gehen die Ermittlungen weiter, erst nach Abschluss dieser Untersuchungen kann der Staatsanwalt dann eine Prozesseröffnung beantragen.

Ein 66-jähriger Betreuer aus Köln wird noch vermisst. Sollte der schlimmste Fall eintreten und dieser tot aufgefunden werden, rechne er damit, dass die Vorwürfe auf fahrlässige Tötung ausgeweitet würden, schilderte der St. Antonius-Verantwortliche. Ob es zu einem Strafprozess kommen werden, könne er derzeit nicht einschätzen. Er und der erste Vereinsvorsitzende wollten zunächst weiter in Frankreich bleiben, um sich mit ihrer Anwältin zu beraten.

Vorrangig sei nun, dass die am Samstagabend zu ihren Familien zurückgekehrten Kinder und Jugendlichen ihre traumatischen Erlebnisse verarbeiten und dabei auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen könnten.