Die Stadtverwaltung will wissen, ob 300 bis 400 Wohnungen in Stuttgart zweckentfremdet werden. Es kennt aber die genauen Adressen nicht. Das Land wiederum hält nichts davon, das Vermarktungsportal Airbnb zur Herausgabe zu verpflichten.

Stuttgart - In der Landeshauptstadt werden mehrere Hundert Wohnungen als Ferienapartments vermietet, während Tausende von Wohnungen fehlen und sich allein schon die dringlichsten Fälle mit mehr als 3000 Namen in der Notfallkartei der Stadtverwaltung niederschlagen. In dieser Situation möchte das Baurechtsamt Vermietungsplattformen wie Airbnb jetzt zur Bereitstellung genauerer Daten zwingen lassen. Doch im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium unter der Führung von Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ist man nicht gewillt, den Zugriff zu verbessern.

 

Rund 340 Ferienwohnungen in Stuttgart sind es gewesen, die bei der letzten Sichtung des Angebotes auf der Airbnb-Plattform im Juli 2017 gefunden wurden. Insgesamt handelte es sich sogar um 1080 Privatunterkünfte unterschiedlichster Art, die von 867 Anbietern im Netz feilgeboten wurden. Doch manchmal ging es da beispielsweise um Zimmer ohne eigenes Bad und WC.

Im Vergleich zu anderen Städten wenig Airbnb-Angebote

Nach Einschätzung des Statistischen Amtes der Stadt Stuttgart, dessen Mitarbeiter die Airbnb-Seite überprüften, ist das Angebot in Stuttgart eher gering, wenn man es mit größeren deutschen Städten wie Berlin, Hamburg und München oder auch dem Touristenziel Freiburg vergleiche. Von 1000 Wohnungen seien in Stuttgart jeweils drei bis vier bei Airbnb eingestellt.

In wie vielen Fällen dies legal ist und in wie vielen Fällen illegal, weiß man nicht. Wer seine Wohnung sporadisch weitervermietet, weil er sich zum Beispiel einen Monat lang im Ausland aufhält, oder wer seine Studentenwohnung mal in den Semesterferien vermietet, mag zwar dem Beherbungsgewerbe wie der Hotellerie ein Dorn im Auge sein – er verstößt aber nicht gleich gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, das die Stadt Stuttgart mit einer Satzung Anfang 2016 eingeführt hat. „Entscheidend ist, ob die Vermietung deutlich untergeordnet oder prägend ist“, sagt Rainer Grund. Der Vize im Baurechtsamt, der sich um den Vollzug der Satzung kümmert, würde aber gern genauer wissen, wie diese Fälle gelagert sind.

Er hat besonders die vollwertigen Wohnungen im Blick wie die 340 Ferienwohnungen, über die hinaus möglicherweise auch eine Dunkelziffer existiert. „Der Befund des Statistikers, dass anderswo viel mehr Unterkünfte auf Airbnb angeboten werden, ist ja richtig“, sagt Grund. Er betrachte die Situation aber anders herum. „Ich würde gern Klarheit schaffen, ob die 300 bis 400 Ferienwohnungen ein Potenzial wären, Menschen mit Dauerwohnungen zu versorgen“, so Grund. Die Wohnungsnot in Stuttgart könne man damit sicherlich nicht ganz beseitigen, aber „vielleicht könnte man sie für 300 Familien beenden“. Im Moment weiß Grund aber nicht einmal, ob unter den 340 Ferienwohnungen auch jene 90 waren, die der Stadt vor Inkraftreten der Satzung gemeldet worden waren und die genehmigt sind.

Adressen der Airbnb-Angebote sind auf der Website nicht genannt

Das Problem ist, dass der Betreiber der Plattform dem Baurechtsamt keine konkreten Objekte nennen muss und die Adressen im Internet nicht auftauchen. Daher hat die Stadtverwaltung dem Wirtschaftsministerium bei einem Erfahrungsaustausch auf Arbeitsebene unter anderem ans Herz gelegt, Onlineplattformen zur Nennung von konkretem Objekt, Vermieter und Zahl der Vermietungen pro Jahr zu verpflichten. Als Rainer Grund darüber kürzlich den Gemeinderatsausschuss für Wirtschaft und Wohnen informierte, hoffte er noch, dieses Ansinnen könnte in eine Beschlussvorlage des Ministeriums für den Landtag münden und in eine Nachbesserung des Landesgesetzes gegen Zweckentfremdung. Doch diese Hoffnung wird er wohl aufgeben müssen.

Eine Sprecherin des Ministeriums sagte unserer Zeitung jetzt: „Wir haben die Vorschläge der Stadt Stuttgart geprüft und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine solche ausgedehnte Auskunftspflicht zusätzlichen Bürokratieaufwand bei den Behörden, bei den Onlineplattformen, aber auch bei den betroffenen Wohnungsanbietern auslösen würde, dessen Verhältnismäßigkeit in Frage steht. Aktuell erstreckt sich die Auskunftspflicht auf Eigentümer und Mieter, was wir als ausreichend und angemessen ansehen, um problematische Einzelfälle zu ermitteln.“

Die Stadtverwaltung aber bleibt dabei: Wenn man die Adressen der Wohnungen und gegebenenfalls ihre Lage in den Gebäuden nicht genannt bekomme, könne man niemand mit seiner Auskunftspflicht konfrontieren. Und Eigentümer ziehen sich manchmal darauf zurück, dass die Sache allenfalls ihren Mieter angehe, der möglicherweise untervermiete.