„Dallas“ ist zurück. Der Ewing-Clan badet in der Fortsetzung der Achtziger-Jahre-Serie nicht nur in Nostalgie, sondern bemüht sich auch, aktuell zu sein. Ob das reicht, die Zuschauer an sich zu binden?

Stuttgart - Es war ein eigenartiges Erlebnis für diejenigen unter uns, die alt genug sind, um sich an die 1980er Jahre zu erinnern, als am Mittwochabend jene vertrauten Kameraschwenks über die Innenstadt von Dallas und über die South Fork Ranch über die US-Bildschirme flimmerten und die Titelmelodie jener Serie aus dem Gerät schmetterte, die im Pionierzeitalter des Kabelfernsehens praktisch unvermeidlich war. Da konnte einem richtig gehend warm ums Herz werden: „Dallas“ ist wieder da, ein Zeichen dafür, dass es doch noch etwas Bleibendes gibt in der sich mit Schwindel erregender Geschwindigkeit verändernden Unterhaltungslandschaft.

 

Mehr als zwanzig Jahre Pause hatten die „Dallas“-Fans erdulden müssen seit jener merkwürdigen letzten „Dallas“-Episode von 1991, in der J. R. seine Seele endgültig an den Teufel abgibt und unter ungeklärten Umständen vom Bildschirm verschwindet. Es gab Hinweise auf Selbstmord, genau wusste man es jedoch nicht. Schließlich sollte ein Hintertürchen für einen Relaunch offen gelassen werden.

„Dallas“-Kater auskuriert

Jetzt war es dann so weit. Nachdem die Hauptdarsteller Larry Hagman, Patrick Duffy und Linda Grey ihren „Dallas“-Kater auskuriert und zahlreiche inakzeptable Drehbücher verworfen hatten, präsentierte ihnen im Jahr 2008 die Produzentin des Kabelkanals TNT, Cynthia Cidre, ein Konzept, das sie überzeugte, es noch einmal zu wagen. Dem Wiederaufleben des Ewing-Clans, dessen verworrene und über weite Strecken absurde Saga selbst hartgesottene „Dallas“-Fanatiker kaum mehr rekonstruieren können, stand nichts mehr im Weg.

Und die Nostalgiker wurden nicht enttäuscht. Auf South Fork ist alles beim Alten. Der mit Würden ergraute Bobby ist immer noch ein unglaublich nervender Gutmensch, der nichts anderes will, als die Familie zusammenzuhalten. J. R., den man in der ersten Hälfte der ersten Folge in einer Art katatonischem Depressionszustand erlebt, erwacht bei der ersten Gelegenheit zur Boshaftigkeit wieder zu vollem Leben. Seine buschigen, mittlerweile weißen Augenbrauen verstärken dabei noch den teuflischen Effekt, sein fieses Kichern ist trotz seines fortgeschrittenen Alters intakt. Allein Sue Ellen enttäuscht ein wenig – sie hat das Saufen aufgegeben, will Politikerin werden und benimmt sich meistens akzeptabel. Nur ihre Weinerlichkeit ist ihr nicht abhandengekommen.

Noch einmal in diese Welt eintauchen zu dürfen macht Spaß – allerdings höchstens für eine halbe Stunde. Und dabei fragt man sich die ganze Zeit, wie das wohl auf eine Generation wirken muss, die nicht mit „Dallas“ aufgewachsen ist. „Dallas“ – das war die kongeniale Begleitserie zu den achtziger Jahren. Vor „Dallas“ waren die erfolgreichen Familienserien im US-Fernsehen Titel wie „Die Waltons“ und das „Kleine Heim auf der Prairie“ – Oden an den Familiensinn und bodenständige Werte. Reiche Menschen waren im Fernsehen bis dahin nicht zu sehen.

Geiz wurde geil

Doch dann kamen die Reagan-Jahre, Geiz wurde geil, Gordon Gekko alias Michael Douglas wurde in „Wall Street“ ein Kinoheld und das „Fegefeuer der Eitelkeiten“ ein Bestseller. J. R. und die Ewings passten nicht nur in dieses Milieu, sie brachten den Zeitgeist auf den Punkt. Reiche Leute wie sie, das lehrte uns die Serie, leben in einem Universum, für das andere Regeln gelten als für die übrige Menschheit, ein Universum, in dem Werte wertlos sind und Moral eine Dummheit sowie ein Hindernis. Das weiß man heute freilich nur allzu gut. Vor allem aber sind die obersten Volksfeinde keine texanischen Ölmogule mehr, sondern Hedgefondsmanager und russische Oligarchen. Die putzige kleine South Fork Ranch würden diese wahrscheinlich nicht einmal als Wochenendhaus nehmen.

Natürlich badet das neue „Dallas“ nicht nur in Nostalgie, es unternimmt auch einige Anstrengung, sich aktuell zu geben. So dreht sich der Bruderzwist, der sich auf die nächste Generation verlagert hat, darum, ob man weiter auf Öl setzt oder ob Ewing Oil eine Firma für Zukunftsenergien werden soll. Die Ölfraktion wird, wie sollte es anders sein, durch J. R.s Sohn John Ross vertreten, der gegen den letzten Willen von Miss Ellie auf South Fork bohren möchte. Der Öko in der Familie ist Bobbys Adoptivsohn Christopher.

Die beiden Junioren werden dargestellt von den überaus gut aussehenden Jung-Schauspielern Josh Henderson und Jesse Metcalfe, deren Partnerinnen Elena Ramos und Rebecca Sutter nicht minder sexy und nicht minder durchtrieben sind. Das alles kann nicht darüber hinwegtrösten, dass das neue „Dallas“ ein konzeptionell viel zu originalgetreuer Aufguss des alten „Dallas“ ist. Achtziger-Jahre-Nostalgie alleine wird aber nicht ausreichen, um die Zuschauer über eine ganze Saison hinweg an die Serie zu binden. In Deutschland hat die RTL-Gruppe die Rechte an der Neuauflage erworben.