In der Türkei wird vor den Kommunalwahlen im März der Druck auf Kritiker weiter erhöht, kommentiert Susanne Güsten.

Istanbul - Der türkische Staatspräsident Erdogan zieht die Zügel weiter an. Der Spielraum für die Meinungsfreiheit wird von der Justiz immer weiter eingeengt, was die wenigen verbliebenen Regierungskritiker im Fernsehen ebenso zu spüren bekommen wie die Nutzer sozialer Medien: Der Münchner Deutschtürke Adnan Sütcü wurde vor einigen Tagen bei einem Besuch in Ankara festgenommen, weil er sich auf Facebook lobend über eine Terrororganisation geäußert haben soll.

 

Die AKP wird zur Staatspartei

Vor den Kommunalwahlen im März dürfte sich das gesellschaftliche Klima weiter verschärfen. Regierungstreue Staatsanwälte und Richter werden Kritik an der Regierung voraussichtlich noch häufiger als verbotene staatsfeindliche Äußerung verfolgen. Erdogan selbst forderte in jüngster Zeit mehrmals die Justiz öffentlich auf, gegen Kritiker vorzugehen. Auch die Festnahmewelle gegen mutmaßliche Mitglieder der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen rollt unvermindert weiter. Der Druck auf Andersdenkende und die Schwäche der Opposition fördern die Entwicklung der AKP von der bloßen Regierungs- zur unangreifbaren Staatspartei. Erdogans Lager betont, das vor einem halben Jahr eingeführte Präsidialsystem beschere dem Land die für Ruhe, Ordnung und Arbeitsplätze unabdingbare Stabilität. Friedhofsruhe wäre ein treffenderes Wort.