Innerhalb von anderthalb Jahren hat es in Stuttgart-Sillenbuch in drei Tiefgaragen gebrannt. Mindestens zweimal war es Brandstiftung, alle Tatorte liegen im selben Gebiet. Probleme gibt es in dem Viertel offenbar schon länger.

Sillenbuch - Der Mann schrubbt wie ein Weltmeister, aber die Schmiere auf seiner Auto-Schlussleuchte will sich nicht lösen. Die Scheiben des dunklen Kombis sind blickdicht schwarz. Ruß. In der Garage, in der der Wagen stand, hat es gebrannt. Die Tiefgarage an der Schemppstraße in Riedenberg ist auch Tage später noch abgesperrt. „Ich darf nicht rein“, wettert eine 81-jährige Rentnerin, die ihren Hund Gassi führt. Heute habe sie schon für teures Geld mit dem Taxi zum Arzt fahren müssen, weil ihr Mercedes eingeschlossen sei. Der 35-Jährige, der versucht, die Autofenster irgendwie mit Scheibenklar freizubekommen, ist selbstständiger Handwerker. Ohne Auto kann er nicht arbeiten. „Das macht mir Angst“, sagt er und schaut zu seiner Partnerin und der vierjährigen Tochter.

 

In jüngster Vergangenheit musste die Feuerwehr zweimal Tiefgaragenbrände im Bezirk Sillenbuch löschen. Am 11. Oktober brannte es nachmittags an der Bernsteinstraße in Heumaden. Mehrere Autos wurden demoliert. Schaden laut Polizei: 250 000 Euro. Knapp zwei Wochen später, am 23. Oktober, ging wieder der Alarm los. Diesmal brannte es kurz vor Sonnenaufgang in der Garage an der Schemppstraße. Mehrere Autos und Motorräder wurden zerstört, zudem wurde die Bausubstanz angegriffen. Noch ist die Begutachtung nicht abgeschlossen, aber auch hier soll der Schaden in die Zehntausende gehen.

Während das Feuer an der Bernsteinstraße laut der Polizeisprecherin Monika Ackermann mit Sicherheit mutwillig gelegt wurde, müssen die kriminaltechnischen Spuren an der Schemppstraße noch ausgewertet werden. Ein Zusammenhang wird indes geprüft, „allein schon wegen der Nähe“, sagt Ackermann. Beide Brandorte sind nur einen Steinwurf voneinander entfernt.

In unmittelbarer Nähe hatte es schon gebrannt

Tatsächlich hat es in unmittelbarer Nähe schon einmal in einer Garage gebrannt. Ende April 2019 fackelten auf einem unterirdischen Stellplatz an der Klara-Neuburger-Straße ein BMW und einige Reifen ab. Auch damals entstand ein hoher Sachschaden, und auch damals war es Brandstiftung. Ob derselbe Pyromane wieder aktiv ist, ist unklar. „Das wird natürlich alles geprüft“, sagt die Polizeisprecherin Monika Ackermann. Die Kollegen vor Ort seien sensibilisiert, „das fließt in den täglichen Dienst ein“.

Laut der Anwohner gibt es im Viertel schon länger Probleme. Die Nachbarn, die an diesem Nachmittag an der Schemppstraße stehen, berichten allesamt von aufgebrochenen Einzelgaragen, von Herumtreibern in der lang gezogenen Garage, an deren Einfahrt es kein Tor gibt, von Drogengeschäften und einem Süchtigen, der sich hier seine Schüsse setzt und Blutflecken hinterlässt. „Zwei Tage vor dem Brand hat man die Garage reinigen lassen“, sagt die 31-jährige Mutter des kleinen Mädchens.

„Hier wird gekifft und gesoffen“

Die Erzählungen decken sich mit denen der Nachbarn aus der Klara-Neuburger-Straße. Eine 48-Jährige berichtet, dass ihr Dinge vom Balkon geklaut würden. „Wir wollen ein Tor“, sagt ein 30-Jähriger, der gerade mit seinem Golf in eine Garage gefahren ist. Auch er fühle sich unwohl, „hier wird gekifft und gesoffen“. Sein Nachbar, ein 38-Jähriger, zeigt auf ein Graffito am Ende der Garage. „187“ steht da. Die Zahl steht für die Nummer des Paragrafen im kalifornischen Strafgesetzbuch, in dem Mord behandelt wird. „Ich wohne seit 30 Jahren hier“, sagt der Ältere, „aber so was habe ich noch nie erlebt. Ich weiß nicht, woher diese Kriminalität kommt“.

In den Nebenstraßen beobachtet man genau, was sich in den Tiefgaragen im Viertel tut. Ein 38-Jähriger steht vor einer per Rolltor versperrten Garage an der Richard-Schmid-Straße. Auch hier sei schon eingebrochen worden. An einem seiner Autos seien die Felgen abmontiert und geklaut worden. „Es hat sich viel verändert hier“, sagt er. Er spricht von düsteren Gestalten. Um die Ecke, am nächsten Haus, arbeiten zwei junge Männer in der Garage. Einer bestätigt, dass auch er sich Gedanken um sein Auto mache. „Ich hoffe, dass die Polizei uns hilft.“

Die Polizei sucht nach wie vor Zeugen der Brände. Sie können sich beim Branddezernat, 0711/89 90-57 78, melden.