Der Kommandant Erhard Mohr übernimmt die Stelle als hauptamtlicher „feuerwehrtechnischer Mitarbeiter“ gleich selbst.

Renningen - Die Klage in der Renninger Feuerwehr war schon seit Jahren bekannt – immer mehr Arbeit, die bisher fast ausschließlich ehrenamtlich geleistet werden muss. Nur für die Pflege der Fahrzeuge gibt es Unterstützung durch den Bauhof. Jetzt hat der Gemeinderat reagiert und eine Stelle geschaffen, etwa 60 000 Euro kommen daher zusätzlich auf die Stadt zu.

 

Als „feuerwehrtechnischer Mitarbeiter“ darf sich der zukünftige Stelleninhaber bezeichnen. Er kümmert sich um die Verwaltung, den Schriftverkehr, aber auch um das Thema Brand- und Katastrophenschutz. Was macht Renningen etwa, wenn der Strom ausfällt? Oder ein Hochwasser droht? „Da brauchen wir Kriseninterventionspläne, auch das soll der Mitarbeiter erarbeiten“, erklärt Marcello Lallo, der Renninger Fachbereichsleiter für Bürger und Recht.

Vertrag ist noch nicht unterschrieben

Ausschreiben wird die Stadtverwaltung indes nicht, einen geeigneten Kandidaten gibt es schon. Erhard Mohr, der bisherige Kommandant wird sich bewerben. „Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben, Ziel ist es aber, dass Mohr die Stelle übernimmt“, bestätigt Lallo. Eines ist ihm aber wichtig. „Das Thema haben wir personenunabhängig bearbeitet“, betont der Fachbereichsleiter. „Wir hätten die Stelle auch geschaffen, wenn Mohr kein Interesse gehabt hätte.“

Erhard Mohr wird auch zukünftig Renninger Feuerwehrkommandant bleiben – damit wird die Stadt aber keinen „hauptamtlichen Kommandanten“ haben, das betonen alle Beteiligten. Mohr füllt beide Ämter vielmehr in Personalunion aus. „Uns ist wichtig, dass die Kameraden ihren Kommandanten selbst wählen können, das wäre nicht möglich, wenn er hauptamtlich angestellt wäre“, erklärt Marcello Lallo.

Feuerwehr ist eine heilige Kuh

Die Gemeinderäte genehmigen die Stelle ohne große Diskussion, nur Jürgen Lauffer will wissen, ob es gleich eine ganze Stelle sein muss. „Aber die Feuerwehr ist schließlich unsere heilige Kuh“, sagt er dann.

Ein „feuerwehrtechnischer Mitarbeiter“ ist für eine Stadt wie Renningen bisher noch die Ausnahme. Weil der Stadt etwa hat keine solche Unterstützung.

„Mehr wäre nicht mehr leistbar gewesen“

Foto: factum/Granville
Fast 30 Jahre war Erhard Mohr bei der Universität Hohenheim beschäftigt. Als Landwirtschaftsmeister kümmert sich er um deren Versuchsstation Ihinger Hof. Damit wird im nächsten Jahr Schluss sein, denn Mohr (56) wechselt als „Feuerwehrtechnischer Mitarbeiter“ zur Stadtverwaltung Renningen.
Sind Sie froh, dass der Gemeinderat die Stelle geschaffen hat?
Ja, das freut mich ganz arg. Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass der Aufwand für die Feuerwehr immer größer wird – vor allem die Kombination von Ehrenamt und Arbeitsstelle. Da hat der Bürgermeister Wolfgang Faißt vorgeschlagen, hier eine Stelle zu schaffen, um uns zu entlasten.
Wie viel arbeiten Sie momentan ehrenamtlich für die Feuerwehr?
Das sind schon 800 Stunden im Jahr, pro Tag also durchschnittlich zwei bis drei Stunden. Ich hab das bisher natürlich gern gemacht. Aber man muss sehen: Die Familie blieb da bisher natürlich auf der Strecke. Den Tag gibt es eben nur einmal.
Nach 30 Jahren kündigen Sie nun beim Ihinger Hof und wechseln hauptamtlich zur Feuerwehr. Sind Sie auch ein bisschen wehmütig?
Natürlich ist da auch ein weinendes Auge dabei. Mit 56 war es aber Zeit, mich zu entscheiden. Und jetzt ist die Möglichkeit da, die Feuerwehr nochmals ganz anders und intensiver zu gestalten – da denke ich, dass ich das dann auch tun sollte.
Was wollen Sie jetzt anpacken, wenn Sie jetzt hauptberuflich bei der Feuerwehr anfangen?
Die Anforderungen an die Feuerwehren steigen ständig, etwas, was die rechtliche Situation und die Vorschriften anbelangt – da will ich jetzt einen noch besseren Überblick bekommen. Zudem steigt auch der Verwaltungsaufwand. Das Hauptproblem war ja bisher immer, dass es einfach Termine gibt, die nur tagsüber stattfinden können, beispielsweise Brandschutzerziehung in den Kindergärten oder Schulen. Und da fehlt man dann bei der Arbeit – mit schlechtem Gewissen.
Für was haben Sie jetzt Zeit?
Besonders will ich mich jetzt um die Ausbildung kümmern. Was mich anbelangt, da kann ich jetzt an mehr Tagesseminaren teilnehmen, aber auch, was die Kameraden anbelangt. Das war bisher sehr schwierig, weil ich ja nicht ständig von der Arbeit wegspringen kann.
Sie müssen sich zukünftig auch um die Verwaltung kümmern.
Ja, immer wieder müssen wir auch ein Fahrzeug beschaffen – das sind dann riesige Anträge, die wir schreiben müssen, Angebote, die wir einholen müssen. Das musste bisher immer in der Mittagspause, abends, mal auch den halben Sonntag lang passieren. Und das geht eben alles von der Familie weg. Jetzt war der Punkt erreicht: Mehr ist nicht mehr leistbar.
Warum wollten Sie keine hauptamtliche Kommandantur?
So hat die Mannschaft immer noch die Möglichkeit, ihren Kommandanten zu wählen. Es ist gar nicht gut, wenn man einen hauptamtlichen Kommandanten drüberstülpt.
Sie bleiben ehrenamtlicher Kommandant. Wie trennen Sie künftig Haupt- und Ehrenamt?
Das ist natürlich schwierig, weil vieles ineinandergreift. Vieles bleibt natürlich ehrenamtlich. Ich sag immer: Der Ehrenamtler muss schauen, dass die Mannschaft floriert, und der Hauptamtler muss schauen, dass auch alle Rahmenbedingungen stimmen.
Haben Sie Angst, dass die Stimmung in der Feuerwehr kippt, wenn Sie jetzt Geld bekommen, die anderen aber nicht?
Nein, das hab ich nicht. Das ist auch der Vorteil, dass ich aus den eigenen Reihen komme – und niemand darübergestülpt wird. Denn ich werde der Alte bleiben.