Gut erhaltene Ware zum kleinen Preis ist mehr gefragt denn je. Besuche in ehrenamtlich sowie professionell geführten Geschäften in Waldenbuch und Bonlanden zeigen: Für viele geht es nicht nur darum, den Geldbeutel zu schonen.

Filder/Schönbuch - Im Herbst beginnt das große Räumen in den Kleiderschränken. Die Sommersachen werden aussortiert. Pullis, Mützen und Anoraks sind jetzt angesagt. Eltern von Kindern im Wachstum kommt der Wechsel der Jahreszeiten mitunter teuer zu stehen. Hier sind die Ärmel zu kurz. Dort gehen die Knöpfe nicht mehr zu oder die Schuhe sind zu eng. Um das Budget zu schonen und weil Nachhaltigkeit in vielen Familien ein Thema ist, hat nun der Secondhand-Handel Saison.

 

Die Nachfrage nach gebrauchter Kinderkleidung nimmt zu. Internet-Portale wie Ubup, KIeiderkreisel, Zadaa oder Mädchenflohmarkt vermelden wachsende Umsatzzahlen. Doch auch im Secondhandladen vor Ort herrscht in diesen Tagen Hochbetrieb. In Waldenbuch startete jetzt das Kleiderlädle Zipfelmüze des Mütter- und Nachbarschaftszentrums in die Wintersaison. Und vor dem Kindersecondhandladen Zappalott in Bonlanden stehen die Verkäufer und Kunden an manchen Tagen bis auf den Gehweg Schlange.

Der Duft nach Kaffee zieht durch die Räume des Waldenbucher Müze. Anja Bucher, Jaqueline Schaich, Tina Rapp und Tess Fischer haben endlich Pause. Zwei Stunden lang haben sie Kleidung begutachtet, sortiert und ausgezeichnet. Sie haben Kundenummern vergeben und Listen angelegt. „Der Saisonwechsel ist bei uns immer eine große Sache“, erzählt Roswitha Müller, die Vorsitzende des Vereins.

Die gut erhaltenen Sachen noch sinnvoll nutzen

Seit fast 30 Jahren bietet die Zipfelmüze gut erhaltene Kindersachen zum fairen Preis. Nach den Faschingsferien beginnt die Sommersaison. Im Oktober wird auf die Winterware umgestellt. Schuhe, Hosen, Anoraks, Spielzeug, Faschingskostüme – das Angebot ist breit gefächert. Auch Kinderwagen, Bettchen oder Autositze wechseln dort den Besitzer. Was für den kleinen Raum im Erdgeschoss des Kindergartens Im Städtle zu groß ist, wird per Foto an die Eingangstür gepinnt.

„Wichtig sind ein guter Preis und die Qualität der Ware“, sagt Roswitha Müller. Verkäufer, die ihre Angebote selbst auszeichnen, dürfen die Hälfte des Erlöses behalten. Wer die Arbeit dem Müze-Team überlässt, bekommt einen Anteil von 25 Prozent. Probleme mit überzogenen Forderungen gibt es kaum. „Die Frauen wollen nicht reich werden. Den meisten geht es darum, dass die wirklich gut erhaltenen Kleider noch sinnvoll genutzt werden“, beobachtet das Müze-Team. Davon profitieren alle Seiten. Kunden finden einen gut erhaltenen Anorak auch schon mal für zehn Euro. Und der Müze-Anteil kommt der gemeinnützigen Arbeit des Vereins zugute.

Am Mittwochvormittag und am Donnerstagnachmittag ist die Waldenbucher Zipfelmüze geöffnet. Dorothea Dachauer hingegen schließt ihren Laden in Bonlanden von Dienstag bis Samstag täglich auf. Das Kinder-Secondhandgeschäft Zappalott ist die professionelle Alternative zum ehrenamtlichen Angebot. Im Februar 2015 hat sich die Mutter einer Tochter selbstständig gemacht und ist zum Anlaufpunkt für viele Familien in Filderstadt und Umgebung geworden. „Die Geschäfte laufen gut. Ich bin zufrieden“, sagt sie.

Wird etwas verkauft, wird der Erlös geteilt

Gerade liefert eine 46-jährige Mutter aus Plattenhardt eine Tüte mit Spielen ab. Man kennt sich. „Viele Verkäufer und Käufer sind Stammkunden“, erklärt Dorothea Dachauer. Ihre Kundin erzählt, was sie am Secondhandladen schätzt. „Die Preise sind fair. Ich kann mich auf die Qualität der Ware verlassen und ich habe nichts mit dem Verkauf zu tun. Es wäre mir ein Graus, mich bei Basaren hinzustellen und wegen 50 Cent zu streiten“, sagt sie. Dorothea Dachauer arbeitet nach festen Regeln. „Jedes Stück wird kontrolliert“, versichert sie. Qualität ist oberstes Gebot. Kleidung vom Discounter ist tabu. „Den Preis berechne ich anhand von Marke, Qualität und Zustand“, erzählt die Unternehmerin. Drei Monate lang bleibt die Ware im Angebot. Wird etwas verkauft, wird der Erlös geteilt. Der fällt nicht immer üppig aus, weil die Unternehmerin umsatzsteuerpflichtig ist. Sie hält das für übertrieben: „Die Umsatzsteuer ist beim Neukauf ja schon einmal angefallen.“

Doch das ist nur ein Aspekt unter vielen positiven Seiten, die sie ihrem Geschäftsmodell abgewinnen kann. „Der schonende Umgang mit Ressourcen ist ein wichtiges Thema, das mir auch von vielen Kunden rückgemeldet wird“, beobachtet Dorothea Dachauer. Beim ersten Kind bestehe nach wie vor der Drang, die Dinge neu zu kaufen. „Später stellt man dann fest, dass das völliger Schwachsinn ist“, sagt sie.

Diese Meinung teilt sie offenbar mit vielen Müttern und Vätern. Denn trotz der Konkurrenz im Internet und den ehrenamtlichen Initiativen, geht ihr die Arbeit nicht aus. Bis zu 150 Artikel werden täglich im Zappalott angeliefert. Wer mehr als zehn Artikel abgeben will, braucht deshalb einen Termin. Bis Dezember ist Dorothea Dachauer bereits ausgebucht.