Wie kommt man von der B 10 zur A 8 auf den Fildern, ohne durch die Stuttgarter Innenstadt zu fahren? Noch immer trommeln IHK und Region für eine Filderauffahrt, für Stadt und Land ist das Projekt „politisch tot“. Doch es gibt eine kleine Ersatzlösung.

Stuttgart - „Die Zeiten in der Verkehrspolitik haben sich geändert“, sagt der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann – und was zumindest er damit meint, das lässt sich an der hochbelasteten Straße zwischen der A 8 auf den Fildern und der B 10 im Neckartal im Kreis Esslingen erklären. Sie wird bis Ende 2018 für rund 30 Millionen Euro ausgebaut – und zwar „nur“ an sieben Kreuzungen, wo es künftig mehr Spuren geben wird. Die Strecke an sich, die mit mehr als 24 000 Fahrzeugen täglich eine der am meisten befahrenen Landesstraßen im Südwesten ist, bleibt aber zweispurig.

 

„Mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand erreichen wir einen großen Nutzen“, sagt Hermann. Auf einen vierspurigen Ausbau der gesamten Straße hätte man noch mindestens fünf Jahre warten müssen. „Jetzt haben wir eine spürbare, rasche und kostengünstige Verbesserung“, sagt der Minister.

Planungen reichen bis in die 1970er Jahre zurück

Die Verbindung im Kreis Esslingen ist momentan das einzige konkrete Projekt, das die Verbindung zwischen den beiden Verkehrsachsen B 10 und A 8 verbessert. Sie ist damit – auch wenn das niemand offiziell sagt – so etwas wie ein Ersatz für die Filderauffahrt, über die in der benachbarten Landeshauptstadt schon seit mehr als 30 Jahren geredet wird. Das Projekt ist in den 1970er Jahren geboren worden. Vor zehn Jahren wurde es auch auf Betreiben des damaligen Bundestagsabgeordneten Hermann hin aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen. 2009 fand eine Wiederbelebung in reduzierter Form statt mit kleineren Tunneln bei Heumaden, Riedenberg und Kemnat, aber noch immer mindestens 250 Millionen Euro teuer.

Mittlerweile gibt Hermann dem Vorhaben keine Chance mehr. „Auf viele Jahre hin ist die Filderauffahrt praktisch tot“, sagt der Minister. Sie sei weder vom Land und der Stadt Stuttgart gewollt noch finanziell darstellbar. Die Landesstraße zwischen Esslingen und der A 8 könne bald zusätzlichen Verkehr aufnehmen zu weitaus weniger Kosten, meint er bei der Besichtigung im Rahmen einer Baustellentour des Regierungspräsidiums Stuttgart. Und Regierungspräsident Johannes Schmalzl (FDP) assistiert: „Wer mit der Herausnahme der Filderauffahrt aus dem Bundesverkehrswegeplan A sagt, muss zumindest B sagen und dann diese Verbindungsstraße verbessern.“ Intern freilich halten seine Straßenbauexperten noch immer eine große Tunnellösung direkt von der B 14 am Großmarkt oder von Hedelfingen aus für die zukunftsweisende Lösung.

Taucht die Verbindung noch im Regionalverkehrsplan auf?

Auch für die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart spielt die Filderauffahrt neben dem Nordostring eine zentrale Rolle bei der Umfahrung Stuttgarts und damit der Verringerung des Durchgangsverkehrs in der Landeshauptstadt mitsamt der damit einhergehenden Luftbelastung. Deshalb hat IHK-Präsident Georg Fichtner den Bau der Filderauffahrt auch nach dem regionalen Mobilitätsgipfel der Landesregierung Mitte Juli explizit gefordert. Damals hatten Ministerpräsident Kretschmann und Hermann verärgert im Bezug auf Straßenbauprojekte vom Ende der „alten Debatten“ und „heillosen Versprechungen“ gesprochen.

Wiederbelebungsversuche für die Filderauffahrt könnten auch vom Verband Region Stuttgart kommen. Immerhin ist der Straßenzug – wie übrigens auch der Nordostring – Teil des Regionalplans. Unter dem Beifall der Straßenbaubefürworter aus CDU, Freien Wählern und FDP hat der Verband vor einigen Monaten seine Beteiligung an einer Werbetour für regionale Verkehrsprojekte beim Bund abgelehnt, weil die Filderauffahrt nicht in der Liste vordringlicher Projekte aus der Region auftauchte. Im kommenden Jahr wird der neue Regionalverkehrsplan beschlossen – mit oder ohne Filderauffahrt, das ist noch offen. Die Strecke taucht aber in einigen Szenarien auf, die gerade untersucht werden.

In der Debatte wird Stuttgarts OB Fritz Kuhn als grüner Regionalrat eine klare Position vertreten. Die Stadt werde „keine eigene Initiative für den Bau“ ergreifen, teilte er vor Kurzem den Freien Wählern im Rathaus mit, die sich für einen Bau starkmachten. Wegen ökologischer Nachteile und hoher Kosten gehöre das Projekt nicht zum Verkehrsentwicklungskonzept der Stadt bis 2030. Solch regionale Straßenbauten seien im Übrigen nur zu stemmen, wenn alle Beteiligten dahinterstünden, erklärte Kuhn. Also: ohne ein Ja aus Stuttgart gibt es die Filderauffahrt nicht.